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DIS Diagnose Reaktionen – Ein Guide für eure sozialen Beziehungen

Stellt euch vor: Nach Jahren des Nicht-Verstehens, nach unzähligen Therapiestunden, nach dem Gefühl, komplett verrückt zu werden, habt ihr endlich eine Antwort. DIS. Dissoziative Identitätsstruktur. Ein Name für das Chaos, eine Erklärung für die verlorene Zeit, die unterschiedlichen Handschriften, die Kleidung im Schrank, die ihr nicht kennt. Ihr fasst Mut, erzählt es einer Freundin und dann kommen die DIS Diagnose Reaktionen… „Bist du sicher? Du wirkst doch so normal.“

Zack. Als hätte jemand den Boden unter euren Füßen weggezogen. Plötzlich zweifelt ihr selbst wieder. Vielleicht übertreibt ihr ja wirklich? Vielleicht ist es doch nur Stress? Diese drei kleinen Wörter können so verdammt viel kaputt machen.

Wir kennen das. Oh ja, wir kennen das gut. Die erste Reaktion einer unserer Freund:innen war: „Du kannst gerne alle neuen Menschen in deinem Leben davon überzeugen, aber alle, die dich länger kennen, wissen, dass das nicht stimmen kann und einfach gelogen ist!“ Ja, genau das ist der Punkt. Ein TEIL von uns war immer unauffällig und ’normal‘. Die anderen Persönlichkeiten habt ihr nur nie gesehen, weil sie verdammt gut darin waren, sich zu verstecken, verstellen oder anzupassen.

DIS Diagnose Reaktionen – Die Typologie als kleiner Feldführer

Die Zweifler:innen – „Das kann nicht sein!“

Diese Spezies ist weit verbreitet. Sie haben eine ganz genaue Vorstellung davon, wie DIS aussehen sollte (Spoiler: meist basierend auf Hollywood) und wenn ihr nicht in diese Schublade passt, kann es nicht echt sein.

„Aber du erinnerst dich doch an unser Gespräch letzte Woche!“ Ja, ICH erinnere mich. Der Teil, der gerade mit dir spricht. Das bedeutet nicht, dass alle sich erinnern. Und es bedeutet schon gar nicht, dass wir keine DIS haben.

Wir hatten mal eine Nachricht auf Instagram bekommen von einer Person, die meinte, echte DIS würde bedeuten, dass wir ständig die Kontrolle verlieren und wild durch die Gegend switchen. Als wir ihr erklärten, dass unser System nach außen sehr kontrolliert funktioniert, meinte sie nur: „Dann ist es ja gar nicht so schlimm.“

Praktischer Tipp: Bereitet euch einen Standardsatz vor. Bei uns funktioniert: „DIS zeigt sich bei jedem anders. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, kann ich dir gerne seriöse Quellen schicken.“ Mehr müsst ihr nicht erklären. Ihr seid kein wandelndes DISkipedia.

DIS Diagnose Reaktionen Zweifler

Die Hobby-Expert:innen – „Ich hab da mal was gesehen…“

Oh, diese Menschen. Sie haben Split gesehen, vielleicht noch eine Doku auf YouTube und schwups – sind sie Expert:innen. „Habt ihr auch einen bösen Anteil?“ ist so ein Klassiker. Nein Jochen, wir haben keine bösen Anteile. Wir haben traumatisierte Persönlichkeiten, Beschützende, Wütende, aber niemanden, der nachts loszieht und die Welt bedroht.

Einer unserer Kolleg:innen meinte mal: „Ich kenne DIS aus Criminal Minds!“ Wir mussten uns echt zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Oder zu weinen. Je nachdem, welche Persönlichkeit gerade vorne war.

Das Absurde: Diese Menschen meinen es oft sogar gut. Sie wollen zeigen, dass sie sich „auskennen“. Dass sie „verstehen“. Aber was sie tatsächlich tun, ist, uns in eine Hollywood-Schublade zu pressen, die mit der Realität so viel zu tun hat wie Fast & Furious mit Fahrstunden.

Unser Survival-Trick: Wir haben angefangen, zurückzufragen. „Oh, du kennst dich aus? Was weißt du denn über strukturelle Dissoziation?“ Meist kommt dann… nichts. Und wir können das Gespräch elegant in eine andere Richtung lenken oder erklären, je nachdem wonach wir uns gerade fühlen.

Die Ängstlichen – „Ist das nicht gefährlich?“

Diese Reaktion tut besonders weh. Menschen, die uns jahrelang kannten, schauen uns plötzlich an, als könnten wir jeden Moment explodieren. Als wären wir tickende Zeitbomben und als müssten sie jetzt vorsichtig sein.

Wir erinnern uns noch genau an den Moment, als eine langjährige Bekannte fragte: „Sollte ich Angst vor dir haben?“ Wir waren die gleichen Menschen wie fünf Minuten vorher, bevor wir ihr von der Diagnose erzählt hatten. Aber plötzlich waren wir unheimlich, unberechenbar und anders.

Das Ironische daran? Die meisten DIS-Menschen, die wir kennen, sind die vorsichtigsten, rücksichtsvollsten Menschen überhaupt. Wir haben jahrzehntelang gelernt, uns anzupassen, nicht aufzufallen und niemanden zu belasten. Wir sind Meister:innen der Kontrolle, also gefährlich? Wir sind höchstens gefährlich gut darin, unsere Symptome zu verstecken.

Realitäts-Check: Menschen mit DIS sind statistisch gesehen viel häufiger Opfer von Gewalt als Täter:innen. Aber das passt halt nicht ins Hollywood-Narrativ, ne?

Die Bagatellisierer:innen – „Haben wir nicht alle Anteile?“

Ah ja, die „Wir sind doch alle ein bisschen multiple“-Fraktion. „Ich bin morgens auch ein anderer Mensch als abends, haha!“ Super, Walter, wirklich super. Du bist müde und dann wach. Wir haben verschiedene Identitäten mit eigenen Erinnerungen, Vorlieben und manchmal sogar Allergien, also totally the same. NOT!

Diese Menschen meinen es oft nicht böse. Sie versuchen, zu relativieren, also es „weniger schlimm“ zu machen. Aber was sie eigentlich tun, ist unsere Erfahrung klein zureden. Als wäre DIS nur eine übertriebene Form von Stimmungsschwankungen.

Wir hatten mal einen Psychiater (ja, einen PSYCHIATER!), der meinte: „Jeder hat doch verschiedene Anteile.“ Stimmt! Aber nicht jeder verliert Zeit, findet Sachen in seiner Wohnung, die er nicht kennt, oder hat Handschriften wie verschiedene Menschen. Es gibt einen Unterschied zwischen Facetten einer Persönlichkeit und einer dissoziativen Identitätsstruktur, und zwar einen gewaltigen.

Die Goldstücke – „Was braucht ihr?“

Und dann, zwischen all den schwierigen Reaktionen, gibt es sie: Die Menschen, die einfach da sind. Die nicht urteilen, nicht zweifeln, nicht dramatisieren, sondern die einfach fragen: „Wie kann ich euch unterstützen? Wie soll ich euch ansprechen?“

Unsere beste Freundin Kim (wir dürfen sie namentlich nennen), war so eine. Ihre erste Reaktion? „Okay, das erklärt einiges. Wie kann ich es euch leichter machen? Für mich seid ihr immer noch die gleiche Person, wie vorher!“ Keine Angst, keine Zweifel, keine Hollywood-Vergleiche, sondern nur Akzeptanz und der Wunsch zu verstehen.

Diese Menschen sind selten, aber sie sind Gold wert. Sie lernen die Namen unserer Persönlichkeiten, wenn wir sie teilen. Sie fragen nach, ohne aufdringlich zu sein, sie bemerken, wenn jemand anderes vorne ist, ohne ein Drama daraus zu machen. Also sie sind einfach… normal. Und genau das ist es, was wir brauchen.

DIS Diagnose Reaktionen – Der innere Zweifels-Kreislauf

Das Gemeine an negativen Reaktionen? Sie verstärken unsere eigenen Zweifel. Und davon haben wir meist schon genug. „Vielleicht übertreibe ich wirklich“ wird zu einem Mantra, das sich in unseren Kopf frisst.

Nach besonders zweifelnden Reaktionen haben wir selbst angefangen, unsere Symptome zu hinterfragen. Die verlorene Zeit? „War bestimmt nur Tagträumen.“ Die unterschiedlichen Handschriften? „Ich war halt müde.“ Die Stimmen im Kopf? „Haben nicht alle einen inneren Dialog?“

Diese Selbstzweifel können gefährlich werden, denn sie hindern uns daran, die Hilfe zu suchen, die wir brauchen. Sie blockieren die innere Kommunikation, weil wir Angst haben, „noch verrückter“ zu werden. Sie lassen uns unsere Symptome verstecken, noch mehr als ohnehin schon.

Wir kennen ein System, das nach massiven Zweifeln von außen drei Jahre lang nicht mehr zur Therapie gegangen ist. Drei Jahre, in denen sie hätten Heilung finden können, verloren, weil andere Menschen ihre Realität in Frage gestellt haben.

DIS Diagnose Reaktionen können Zweifel verstärken

DIS Diagnose Reaktionen – So navigieren wir durch den sozialen Dschungel

Die Kunst der dosierten Information

Nicht alle Menschen verdienen die volle Wahrheit. Das klingt hart, ist aber Selbstschutz. Wir haben ein Stufen-System entwickelt:

Stufe 1 – Oberflächlich: „Ich habe eine neurologische Erkrankung.“ Punkt. Mehr nicht. Für Arbeitskolleg:innen, entfernte Bekannte, neugierige Nachbar:innen.

Stufe 2 – Basis-Info: „Ich habe eine dissoziative Störung.“ Für Menschen, denen wir etwas mehr vertrauen, aber die nicht unbedingt alle Details brauchen.

Stufe 3 – Ehrlichkeit: „Wir haben DIS.“ Für enge Freund:innen, Familie (wenn sie es wert sind), Partner:innen und Menschen, denen wir vertrauen.

Stufe 4 – Volle Transparenz: Namen der Persönlichkeiten, Trigger, Bedürfnisse, aber das nur für unser absolutes Support-System.

Der „Broken Record“ Ansatz

Manchmal hilft nur sture Wiederholung. „Es ist medizinisch diagnostiziert.“ „Es ist medizinisch diagnostiziert.“ „Es ist medizinisch diagnostiziert.“ Irgendwann geben die meisten auf.

Wir hatten mal eine Person, die partout nicht glauben wollte, dass DIS „echt“ ist. Nach dem fünften „Es ist medizinisch diagnostiziert“ hat sie aufgegeben und das Thema gewechselt. Victory!

Die Bildungsoffensive (für die, die es wert sind)

Für Menschen, die wirklich verstehen WOLLEN, haben wir ein Info-Paket zusammengestellt. Seriöse Artikel, Buchempfehlungen, YouTube-Kanäle von anderen Systemen, also keine Hollywood-Filme, keine dramatischen Dokus, sondern echte, fundierte Information.

Aber – und das ist wichtig – wir sind nicht verpflichtet, jede:n zu bilden. Wir sind keine wandelnde Aufklärungskampagne, denn Google existiert. Menschen können sich selbst informieren, wenn sie wirklich interessiert sind.

Das Support-Netzwerk

Austausch mit anderen DIS Menschen war oft unsere Rettung. Orte, wo niemand fragt „Bist du sicher?“, sondern „Wie war euer Tag?“ Wo wir nicht erklären müssen, warum wir heute anders schreiben als gestern, sondern wo Switching normal ist und niemand Angst hat.

Die Dokumentations-Methode

An schlechten Tagen, wenn die Zweifel überhand nehmen, hilft unser Tagebuch. Die verschiedenen Handschriften, die unterschiedlichen Schreibstile, die Einträge, an die wir uns nicht erinnern. Greifbare Beweise für uns selbst, dass wir uns das nicht einbilden.

Wir haben auch angefangen, Sprachnotizen und Videos zu machen. Die verschiedenen Stimmen, die unterschiedlichen Sprachmuster. Zuerst gar nicht für andere, sondern nur für uns. Für die Tage, an denen die Welt uns einreden will, wir wären „normal“ und haben keine DIS, sondern übertreiben.

Wir haben auch einen Kommunikations-Guide erstellt, „DIS erklären ohne Drama – Der ultimative Kommunikations-Guide“, klickt einfach drauf und ihr kommt zum Artikel.

DIS Diagnose Reaktionen – Was hilft wirklich

Wisst ihr, was wir uns wirklich wünschen? Einfache Dinge eigentlich:

Statt „Bist du sicher?“ → „Wie geht es euch damit?“
Statt „Du wirkst so normal“ → „Danke, dass ihr mir das anvertraut“
Statt „Ist das nicht gefährlich?“ → „Was sollte ich wissen, um euch zu unterstützen?“
Statt „Jeder hat verschiedene Seiten“ → „Das klingt herausfordernd“
Statt Angst → Respektvolle Neugier
Statt Mitleid → Verständnis

Wir wünschen uns Menschen, die verstehen, dass DIS keine Entscheidung ist. Es ist keine Phase, kein Trend, keine Aufmerksamkeitssuche, sondern unsere Art zu überleben. Es ist das, was unser Gehirn getan hat, um uns zu schützen, als wir zu klein waren, um uns selbst zu schützen.

DIS Diagnose Reaktionen – Die Kraft der Gemeinschaft

Das Schönste an unserer Reise? Wir haben unsere Menschen gefunden, also andere Systeme, die sofort verstehen, wenn wir sagen: „Heute ist ein schlechter Ko-Kon-Tag.“, die wissen, was wir meinen, wenn wir von „System-Meetings“ sprechen. Die nicht komisch gucken, wenn wir mitten im Satz die Perspektive wechseln.

Diese Gemeinschaft gibt uns Kraft an den Tagen, wo die Außenwelt zu laut, zu zweifelnd, zu anstrengend ist und sie erinnert uns daran, dass unsere Erfahrung valide ist, egal was andere sagen.

Wir haben gelernt: Für jede:n, der/die zweifelt, gibt es irgendwo jemanden, der/die versteht. Für jede Person, die Angst hat, gibt es eine, die uns so akzeptiert, wie wir sind, also alle von uns.

DIS Diagnose Reaktionen – Ein Appell an Angehörige und Freund:innen

Falls ihr das lest und jemanden mit DIS kennt oder gerade erfahren habt, dass jemand in eurem Leben DIS hat: Eure Reaktion macht einen Unterschied und zwar einen riesigen.

Ihr könnt der sichere Hafen sein oder der Sturm, der alles noch schwieriger macht. Ihr könnt die Person sein, zu der wir kommen, wenn die Welt zu viel wird oder der Grund, warum wir uns noch mehr verstecken.

Was ihr tun könnt:

  • Glaubt uns. Einfach so, und zwar ohne Wenn und Aber.
  • Informiert euch, aber macht uns nicht zu eurem Studienobjekt
  • Fragt nach unseren Bedürfnissen, aber nicht nach unseren Traumata
  • Behandelt uns normal, aber seid sensibel für Veränderungen
  • Lernt unsere Trigger kennen und helft uns, sie zu vermeiden
  • Seid geduldig, wenn wir Zeit brauchen oder Dinge wiederholen
  • Respektiert unsere Grenzen, auch wenn ihr sie nicht versteht

Was ihr NICHT tun solltet:

  • Unsere Erfahrung anzweifeln oder kleinreden
  • Nach unserem Trauma fragen (wenn wir es teilen wollen, tun wir es)
  • Angst vor uns haben
  • Uns mit Filmfiguren vergleichen
  • Versuchen, mit bestimmten Persönlichkeiten zu sprechen
  • Uns „heilen“ wollen
  • So tun, als wäre nichts

Der lange Weg zur Selbst-Akzeptanz

Die Wahrheit ist: Auch mit den besten Unterstützer:innen ist der Weg zur Selbst-Akzeptanz lang. Die Zweifel von außen hinterlassen Spuren, denn sie nisten sich ein in unseren Köpfen und flüstern uns zu in schwachen Momenten.

Aber wir haben gelernt: Unsere Realität braucht keine Validierung von außen, denn wir wissen, was wir erleben. Wir kennen unsere Wahrheit. Und ja, es wäre schöner, wenn alle sie akzeptieren würden, aber am Ende des Tages müssen WIR damit leben und niemand sonst.

Wir haben aufgehört, uns für unsere Existenz zu entschuldigen, uns kleiner zu machen, damit andere sich wohler fühlen und wir haben aufgehört zu erklären, wenn die Person gegenüber gar nicht verstehen will.

DIS Diagnose Reaktionen – Abschluss

An alle Systeme da draußen, die gerade mit Zweifeln kämpfen – von außen oder von innen: Ihr seid genug. Eure Erfahrung ist real. Eure Gefühle sind valide. Ihr müsst euch nicht beweisen.

Es ist okay, wenn nicht alle es verstehen, wenn Menschen wegfallen, denn die richtigen Menschen werden bleiben. Sie werden fragen, lernen, wachsen und zwar mit euch zusammen.

Und für die Tage, an denen die Zweifel zu laut werden: Schaut in eure Tagebücher, hört eure Sprachnotizen, sprecht mit anderen Systemen. Erinnert euch daran, dass ihr nicht allein seid, denn es gibt eine ganze Community, die weiß, wie sich das anfühlt.

DIS zu haben bedeutet nicht, kaputt zu sein, sondern überlebt zu haben. Es bedeutet, dass euer Gehirn kreative Wege gefunden hat, euch zu schützen, das ist keine Schwäche, sondern eine verdammte Superkraft.

Also, wenn das nächste Mal jemand fragt „Bist du sicher?“, dann könnt ihr mit Überzeugung antworten: „Ja. Wir sind uns sicher. Alle von uns.“

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