DIS-Menschen unterstützen: Wegweiser fürs Umfeld
Wenn du eine DIS-Mensch kennst und helfen willst, kann das erstmal überwältigend wirken. Vielleicht fragst du dich, wie du richtig unterstützt, ohne etwas falsch zu machen – oder ohne dich selbst dabei zu verlieren.
Die gute Nachricht: Du musst nicht alles perfekt verstehen, um eine wertvolle Stütze zu sein. Es geht nicht darum, „Probleme zu lösen“, sondern darum, präsent, geduldig und verlässlich zu sein. In diesem Guide erfährst du, was wirklich hilft – und was eher schadet.
DIS-Menschen unterstützen, dein Wegweiser 🫶
Was wirklich hilft – und was eher schadet
DIS ist eine Traumafolge, die oft mit Missverständnissen und Vorurteilen behaftet ist. Deine Haltung und dein Wissen können einen riesigen Unterschied machen.
Wir wissen, dass es sich für das Umfeld oft so anfühlt: Wie ein Minenfeld!
Was sage ich? Was mache ich? Was hilft wirklich – und was macht es vielleicht sogar schlimmer?
DIS-Menschen unterstützen bedeutet nicht, dass du „retten“ musst. Es bedeutet nicht, dass du immer alles verstehst oder die perfekten Worte findest. Es bedeutet einfach, dass du da bist – mit Respekt, Offenheit und Geduld.
DIS kann komplex sein, aber wenn du mit uns gemeinsam herausfindest, was hilft, dann kann dein Support einen riesigen Unterschied machen.
Wir möchten hier erst einmal eingehen auf Dos and Don’ts, die für uns gelten, allerdings weisen wir auch ganz klar darauf hin, dass diese nicht zwangsläufig alle DIS-Menschen genau so empfinden. Eine Orientierung geben sie unserer Meinung nach auf jeden Fall!

DIS-Menschen unterstützen: Was wirklich hilft
Wissen ist der Schlüssel
Es gibt so viele Mythen und Falschinformationen da draußen (danke, Hollywood!), die uns das Leben unnötig schwer machen. DIS ist keine „coole Superkraft“ und erst recht keine gespielte „Show“. Es ist eine ernsthafte, traumabasierte Struktur, die entstanden ist, weil ein Kind überleben musste.
Wir erwarten nicht, dass du alles perfekt verstehst. Aber wenn du dir die Zeit nimmst, dich wirklich mit der Thematik auseinanderzusetzen, dann zeigst du uns damit, dass du unsere Realität respektierst. Das alleine bedeutet oft schon so viel!
Akzeptiere, dass wir aus mehreren Anteilen bestehen
Ja, wir wissen, das klingt erstmal verrückt. Mehrere Identitäten in einem Körper? Unterschiedliche Namen, Stimmen, Alter, Vorlieben und sogar Sehstärken? Das kann sich seltsam anfühlen, wenn du es nicht kennst. Aber für uns ist das Alltag.
Unsere verschiedenen Anteile sind keine „eingebildeten Freunde“ oder „Charaktere, die wir uns ausgedacht haben“ – sie sind echte, fühlende Persönlichkeiten mit eigenen Erfahrungen, Ängsten und Bedürfnissen. Sie haben sich gebildet, weil wir extreme Traumata überleben mussten. Und wenn du das respektieren kannst, ohne es zu hinterfragen oder zu bewerten, dann hilfst du uns enorm.
Heißt das, du musst mit jedem Anteil auf eine bestimmte Weise umgehen? Jein. Es hilft, offen zu sein. Vielleicht mag ein Anteil es, mit Namen angesprochen zu werden, ein anderer nicht. Vielleicht erinnert sich ein Anteil an dich, während ein anderer keine Ahnung hat, wer du bist. Das kann normal sein, bei der DIS.
Sei ein sicherer Anker
Viele von uns haben ein tiefes Misstrauen gegenüber anderen Menschen – aus gutem Grund. Unsere Vergangenheit hat uns oft gelehrt, dass wir niemandem trauen können. Wenn du aber konstant verlässlich bist, dann kann sich das langsam ändern.
Was bedeutet das konkret?
- Sei da, wenn du sagst, dass du da bist. Halte Zusagen ein. (Keine Sorge, wir verstehen auch, wie es ist krank zu sein und dass es dann nicht geht 🙂)
- Vermeide plötzliche Planänderungen oder Unvorhersehbarkeiten – das kann triggern.
- Sag ehrlich, wenn du etwas nicht kannst, statt leere Versprechen zu machen.
- Erwarte nicht sofort Vertrauen – das muss wachsen. (Und das kann auch je nach Persönlichkeitsanteil unterschiedlich sein)


Frage uns, was wir brauchen
DIS ist nicht bei jeder Person gleich. Manche Menschen mit DIS möchten, dass ihre Anteile individuell angesprochen werden, andere nicht. Manche mögen Körperkontakt, andere können ihn nicht ertragen. Manche möchten über ihre Symptome sprechen, andere nicht.
Der einfachste Weg, herauszufinden, was hilft? Frag uns einfach!
Statt: „Ich weiß nicht, wie ich mit dir umgehen soll!“ (was uns oft noch mehr Druck macht), könntest du DIS-Menschen unterstützen und sagen:
- „Wie kann ich dich gerade unterstützen?“
- „Möchtest du, dass ich auf irgendwas achte?“
- „Gibt es etwas, das dich gerade beruhigt?“
Wir können uns sehr gut vorstellen, dass du dir nicht vorstellen kannst, wie es ist „Viele“ zu sein, weil wir uns auch nicht vorstellen können „Alleine“ zu sein 🙂. Daher erwarten wir das auch gar nicht! Aber so, wie wir trotzdem unterstützend und offen mit „Alleine-Menschen“ umgehen, wünschen wir uns auch den Umgang mit uns als Viele.
DIS-Menschen unterstützen: Was eher schadet
Jetzt, wo du weißt, was hilft, lass uns mal über das sprechen, was NICHT hilft – auch wenn es oft gut gemeint ist.
Die Diagnose in Frage stellen
Das ist wohl einer der schmerzhaftesten Punkte überhaupt. Viele von uns haben Jahre oder sogar Jahrzehnte gebraucht, um zu verstehen, dass wir DIS haben. Wir sind durch Therapien gegangen, haben Diagnosen gesucht, gezweifelt, gehadert, gehofft.
Wenn dann jemand aus unserem Umfeld sagt: „Bist du dir sicher, dass du wirklich DIS hast?“ oder „Vielleicht redest du dir das nur ein?“, dann ist das wie ein Schlag ins Gesicht.
Bitte tu das nicht. Es ist nicht deine Aufgabe, unsere Diagnose zu überprüfen – das haben Fachleute getan. Wenn du uns helfen willst, dann akzeptiere, dass das unsere Realität ist.

Druck auf Erinnerungen ausüben
Dissoziation bedeutet, dass viele unserer Erinnerungen fragmentiert sind. Es gibt Dinge, die wir nicht bewusst erinnern können – und das ist ein Schutzmechanismus.
Wenn du also sagst: „Reiß dich zusammen und erinnere dich!“ oder „Aber du hast mir doch letztens was anderes erzählt!“, dann ist das nicht hilfreich. Unsere Erinnerungen können von Anteil zu Anteil unterschiedlich sein, und manches ist schlichtweg nicht zugänglich.
Was stattdessen hilft: Geduld. Vertrauen. Sicherheit. Wenn unser System merkt, dass wir in einem geschützten Umfeld sind, dann kommen Erinnerungen oft von allein – aber erzwingen kann man da nichts.
Übergriffige Fragen zu Traumata stellen
Wir wissen, dass viele Leute neugierig sind. „Wie war das für dich?“ oder „Was genau ist dir passiert?“ sind verständliche Fragen – aber bitte sei vorsichtig damit.
Erstens: Manche von uns wissen es selbst nicht.
Zweitens: Manchmal kann das Fragen alleine schon triggern.
Drittens: Unsere Vergangenheit ist kein Unterhaltungsthema.
Statt uns mit Fragen in die Ecke zu drängen, lass uns selbst entscheiden, wann und ob wir über unsere Erfahrungen sprechen wollen.
DIS-Menschen unterstützen: die dos und don’ts
Don’ts, wenn du helfen möchtest
- Zweifeln oder Absprechen der Diagnose. „Bist du dir sicher, dass du DIS hast?“ – Solche Fragen können extrem verletzend sein.
- Druck aufbauen. „Erinnere dich doch einfach!“ oder „Wieso weißt du das nicht?“ – solche Sätze ignorieren, wie Dissoziation funktioniert.
- Vermischung von Fantasie & Realität. DIS ist KEINE erfundene „Rollen-Show“, sondern eine Überlebensstrategie aus der Kindheit.
- Anteile gegeneinander ausspielen. Auch wenn du vielleicht einen bestimmten Anteil lieber magst – vermeide es, Vergleiche anzustellen.
- Übergriffige Fragen zu Trauma-Erfahrungen. Wenn jemand von sich aus erzählt, hör zu – aber stell keine neugierigen Fragen über Details.
Dos, wenn du helfen möchtest
- Informiere dich über die DIS. Verständnis hilft, Unsicherheiten abzubauen. (Aber Achtung: Verlass dich auf seriöse Quellen, nicht auf Hollywood-Filme!)
- Akzeptiere, dass dein Gegenüber aus mehreren Anteilen besteht. Unterschiedliche Anteile können unterschiedliche Meinungen, Vorlieben oder Ängste haben – das ist normal bei der DIS.
- Sei ein sicherer Anker. Stabilität, Verlässlichkeit und Geduld sind Gold wert.
- Frage, was die Person oder die Anteile brauchen. Manche Anteile möchten mit Namen angesprochen werden, andere nicht – frag einfach!
- Respektiere Grenzen. Wenn jemand nicht über etwas reden will oder Abstand braucht, dann ist das völlig okay.
DIS-Menschen unterstützen: Zuhören
Echte Unterstützung beginnt beim Zuhören – aber Zuhören heißt nicht nur „Ohren auf“, sondern auch die richtige innere Haltung. Zuhören klingt erstmal einfach – schließlich machen wir das ständig, oder? Aber wirklich gutes Zuhören ist eine Kunst. Besonders im Umgang mit Menschen mit Dissoziativer Identitätsstruktur (DIS) braucht es mehr als nur offene Ohren: Es geht darum, mit einer offenen, urteilsfreien Haltung da zu sein.
Viele von uns haben gelernt, dass Reden gefährlich sein kann. Dass niemand zuhört. Oder dass wir uns selbst nicht trauen können. Das bedeutet: Wenn wir dir etwas anvertrauen, ist das ein großes Zeichen von Vertrauen – und wie du darauf reagierst, kann einen riesigen Unterschied machen.
„Hörst du mich?“
Ich spreche, doch die Worte fliegen,
landen nirgendwo – verstiegen.
Echo hallt in leere Räume,
verstummt im Flüstern meiner Träume.
Ich spreche, doch du siehst mich nicht,
mein Blick trifft nur ein blasses Licht.
Doch wenn du bleibst – nur einen Moment,
merkst du, wie tief mein Flüstern brennt.
Ich spreche – und du hörst mir zu,
kein „Aber“, kein „Das ist tabu“,
nur Ohren, Stille und einfach Sein,
und plötzlich fühl’ ich mich nicht klein.
Geschrieben von einem Persönlichkeitsanteil
DIS-Menschen unterstützen: Wie du richtig zuhörst
Sei geduldig
Erinnerungen bei DIS sind oft fragmentiert, lückenhaft oder gar nicht bewusst abrufbar. Das ist kein Zeichen von Lügen oder Widersprüchen, sondern ein Schutzmechanismus. Unser Gehirn hat traumatische Erinnerungen in verschiedene Anteile „ausgelagert“, um zu überleben – und das bedeutet, dass sie nicht immer allen zugänglich sind.
Was bedeutet das für dich?
- Stell dir vor, du siehst ein Puzzle, bei dem einige Teile fehlen – genau so können sich Erinnerungen für uns anfühlen.
- Vielleicht erzählt dir ein Anteil etwas, was ein anderer nicht weiß oder anders erinnert – das ist normal bei der DIS.
- Druck oder Nachfragen („Aber vorhin hast du doch was anderes gesagt!“) können Unsicherheit und Angst verstärken.
Lass uns in unserem eigenen Tempo erzählen – wenn wir bereit sind.
Lass dein Gegenüber im eigenen Tempo sprechen
Vielleicht fällt es dir schwer, nachzuvollziehen, warum jemand über etwas nicht sprechen kann oder will. Aber Trauma-Erinnerungen sind nicht einfach nur „verdrängt“ – sie können extrem belastend oder sogar retraumatisierend sein. Manchmal sind wir mitten im Erzählen und dann… plötzlich geht es nicht weiter. Der Kopf ist leer, die Worte sind weg, oder ein anderer Anteil taucht auf, der nicht über das Thema sprechen will.
In solchen Momenten hilft es enorm, wenn du nicht drängst.
- Keine Erwartungshaltung haben. Nur weil wir einmal angefangen haben zu reden, heißt das nicht, dass wir alles erzählen können.
- Signalisieren, dass Stille okay ist. Manchmal ist es hilfreich zu hören: „Du musst nicht weitersprechen, wenn du nicht kannst oder willst. Ich bin trotzdem da.“
- Respektieren, wenn ein anderes Thema aufkommt. Wenn ein anderer Anteil plötzlich übernimmt oder das Gespräch umlenkt, dann hat das seinen Grund.
Urteile nicht – egal, welcher Anteil gerade da ist
DIS bedeutet, dass unterschiedliche Persönlichkeiten mit eigenen Vorlieben, Ängsten und Reaktionen existieren. Manche sind vielleicht misstrauisch, andere verspielt, wieder andere ernst oder distanziert.
Es kann verwirrend sein, wenn jemand plötzlich anders spricht, sich anders verhält oder sich nicht mehr an ein vorheriges Gespräch erinnert. Aber für uns ist das ganz normal.
Wenn du urteilslos damit umgehst, hilfst du uns am meisten.
✅ Wie du unterstützen kannst:
- Nicht irritiert oder skeptisch reagieren, wenn sich jemand „verändert“.
- Jüngere Anteile nicht belächeln oder unterschätzen. Ja, es kann sich merkwürdig anfühlen, mit einem Kind zu sprechen, das in einem erwachsenen Körper steckt – aber für uns ist das Realität.
- Erwachsene Anteile nicht als „besser“ oder „vernünftiger“ ansehen. Jeder Anteil hat seine Funktion und seine eigene Perspektive.
❌ Was nicht hilft:
- Aussagen wie: „Ach komm, das kannst du nicht ernst meinen!“
- Augenrollen oder genervtes Stöhnen, wenn wir verwirrt sind oder nicht wissen, was vorher war.
- Vergleiche wie: „Warum bist du jetzt so anders als vorhin?“
💡 Merke: Es gibt kein „falsches“ Verhalten bei der DIS – nur unterschiedliche innere Zustände.
Bestätige, dass du da bist
Eine der größten Ängste von Menschen mit DIS ist Verlassenwerden oder Ablehnung. Viele von uns haben genau das immer wieder erlebt – oft schon in der Kindheit. Wenn wir also den Mut haben, uns zu öffnen, bedeutet das, dass wir hoffen, gehört zu werden – aber gleichzeitig auch Angst haben, dass wir „zu viel“ sind.
- Einfach mal sagen: „Ich höre dir zu, du bist nicht allein.“
- Zeigen, dass du auch nach schwierigen Gesprächen noch da bist. (Eine kurze Nachricht danach kann schon helfen: „Danke, dass du mir das anvertraut hast.“)
- Nicht weggehen oder abrupt das Thema wechseln, wenn es schwierig wird. Wenn du eine Pause brauchst, sag es klar: „Ich brauche gerade einen Moment, aber ich bin gleich wieder da.“
Manchmal reicht schon die Gewissheit, dass jemand nicht wegrennt.

DIS-Menschen unterstützen: Wie du es anbietest
Du hast zugehört – aber wie kannst du aktiv helfen?
Frage nach konkreten Bedürfnissen
Jeder Mensch mit DIS ist anders. Manche brauchen viel Kontakt, andere wenig. Manche möchten mit ihren Anteilen bewusst arbeiten, andere eher nicht.
Der beste Weg, um herauszufinden, was dein Gegenüber braucht? Frag einfach.
- „Was kann ich tun, um dich gerade zu unterstützen?“
- „Gibt es etwas, das dir jetzt gut tun würde?“
- „Möchtest du gerade reden oder lieber Ablenkung?“
Vermeide Sätze (oder sei zumindest vorsichtig) mit Sätzen, wie z.B.
🚫 „Sag mir einfach, was du brauchst!“ (Das kann überfordern – versuche lieber gezielte Fragen.)
🚫 „Willst du nicht mal was anderes probieren?“ (Wir wissen meistens selbst am besten, was uns hilft.) – außer du bist unsere Therapeutin, dann darfst du das 😜
Sei bereit für unterschiedliche Bedürfnisse je nach Anteil
Heute möchte eine Person in deinem Umfeld vielleicht Nähe – und morgen braucht sie Abstand. Ein Anteil kann offen und kontaktfreudig sein, ein anderer extrem misstrauisch. Das ist kein Widerspruch – das ist DIS.
- Sei flexibel – aber ohne deine eigenen Grenzen zu übergehen.
- Nimm unterschiedliche Reaktionen nicht persönlich.
- Falls du unsicher bist, frag: „Ist es okay, wenn ich dich heute umarme oder brauchst du gerade eher Abstand?“
💡 Denke daran: Ein „Nein“ ist nichts gegen dich – sondern ein Ausdruck davon, was in diesem Moment gebraucht wird.
Biete Stabilität: Regelmäßige Check-ins, verlässliche Absprachen
Menschen mit DIS haben oft Schwierigkeiten mit Unsicherheit oder plötzlichen Veränderungen. Wenn du wirklich helfen willst, dann sei (in deiner Möglichkeit natürlich) verlässlich.
- Regelmäßige Check-ins: Eine kurze Nachricht wie „Wie geht’s dir heute?“ kann zeigen, dass du da bist.
- Feste Absprachen einigermaßen einhalten: Wenn du sagst, dass ihr euch um 18 Uhr trefft, sei dann da. Plötzliche Änderungen können extrem stressen.
- Klare Kommunikation: Falls sich doch mal was ändert, sag es frühzeitig – und mit Verständnis für mögliche Unsicherheiten.
- Wenn du merkst, dass etwas zu viel wird, sag es ehrlich und klar – ohne plötzlichen Rückzug.
DIS-Menschen unterstützen & Eigene Grenzen erkennen
DIS ist eine komplexe und oft herausfordernde Störung – nicht nur für die DIS-Menschen selber, sondern auch für das Umfeld. Vielleicht fühlst du dich manchmal hilflos, überfordert oder weißt nicht, wie du reagieren sollst. Vielleicht möchtest du einfach „alles richtig machen“, um der Person, die dir wichtig ist, zu helfen.
Aber hier kommt eine wichtige Wahrheit: Du kannst nicht alles auffangen. Und das ist auch nicht deine Aufgabe.
DIS-Menschen unterstützen bedeutet nicht, sich selbst aufzugeben. Damit du langfristig für jemanden mit DIS da sein kannst, musst du auf dich selbst achten. Und das bedeutet, eigene Grenzen zu erkennen und zu wahren.

wie es ist, sich aufzulösen.
Warum sind Grenzen so wichtig?
DIS geht oft mit großen Herausforderungen im zwischenmenschlichen Bereich einher:
- Es gibt verschiedene Anteile mit unterschiedlichen Bedürfnissen – das kann für das Umfeld verwirrend sein.
- Flashbacks, Dissoziationen oder plötzliche Stimmungswechsel können auftreten – das kann belastend sein.
- Viele Menschen mit DIS haben Verlustängste oder Schwierigkeiten mit Nähe & Distanz – das kann Druck erzeugen.
Wenn du keine klaren Grenzen setzt, kann es passieren, dass du dich selbst verlierst. Es ist nicht deine Aufgabe, die Person „zu heilen“ oder ständig verfügbar zu sein. Es ist okay, auch mal Abstand zu brauchen oder Nein zu sagen.
Wie du deine eigenen Grenzen schützt
Erkenne Überforderung – und handle frühzeitig
Vielleicht fühlst du dich nach einem Gespräch total erschöpft. Oder du merkst, dass du immer weniger Zeit für dich selbst hast. Vielleicht wächst in dir sogar eine unterschwellige Wut oder Frustration, weil du das Gefühl hast, dass sich alles nur noch um die DIS dreht. Diese Signale sind wichtig. Sie zeigen dir: Hier braucht es eine Grenze.
- Achte bewusst darauf, wie du dich nach Gesprächen oder Treffen fühlst.
- Erlaube dir, Pausen zu nehmen, bevor du komplett ausgelaugt bist.
- Sprich offen an, wenn dir etwas zu viel wird.
Das hilft dir (und auch uns) nicht:
- Alles „runterschlucken“ und so tun, als wäre alles okay – bis du irgendwann explodierst.
- Dich selbst unter Druck setzen, immer helfen zu müssen.
- Schuldgefühle dafür haben, dass du auch eigene Bedürfnisse hast.
Klar kommunizieren: „Ich bin da, aber nicht immer.“
Viele Menschen mit DIS haben Angst, verlassen zu werden – das kann zu einer hohen Erwartungshaltung an das Umfeld führen. Vielleicht bekommst du häufig Nachrichten mit „Bist du da?“ oder „Ich brauche dich jetzt!“ – und du fühlst dich verpflichtet, immer sofort zu reagieren. Aber: DIS-Menschen unterstützen bedeutet auch: Du darfst selbst entscheiden, wann und wie du verfügbar bist.
- „Ich bin für dich da, aber ich kann nicht immer sofort antworten. Ich melde mich, sobald es geht.“
- „Ich verstehe, dass es dir gerade schlecht geht, aber ich brauche selbst eine Pause. Lass uns morgen darüber reden.“
- „Ich möchte für dich da sein, aber heute kann ich das nicht leisten. Können wir einen anderen Zeitpunkt finden?“
❌ Was nicht hilft:
- Ohne Erklärung einfach nicht mehr antworten → Das kann Verlustängste verstärken.
- Sich selbst zwingen, immer zu helfen → Das führt langfristig nur zu Überforderung.
- Versprechen machen, die du nicht halten kannst → Das kann das Vertrauen zerstören.
Setze Grenzen mit Wärme & Klarheit – das hilft beiden Seiten.
Verstehe den Unterschied zwischen Mitgefühl & Verantwortung
Mitfühlen heißt nicht, dass du alles tragen musst.
Ja, es kann sich herzzerreißend anfühlen, wenn jemand, den du liebst, leidet. DIS ist oft mit starken emotionalen Schmerzen, Flashbacks oder manchmal auch mit Suizidgedanken verbunden – und du möchtest natürlich helfen. Aber: Du bist nicht verantwortlich!
- Du kannst für jemanden da sein, ohne die Last auf dich zu nehmen.
- Du kannst mitfühlen, ohne alles lösen zu müssen.
- Du darfst helfen – aber es ist nicht deine Aufgabe, die Person zu „retten“.
Ein Satz, den du dir merken kannst:
„Ich kann für dich da sein – aber ich kann deine Vergangenheit nicht ändern.“
Hol dir selbst Unterstützung
Manchmal kann es helfen, mit anderen Menschen zu sprechen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Vielleicht gibt es Selbsthilfegruppen für Angehörige oder du möchtest mit einer Psychologin über deine eigene Belastung sprechen. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sich selbst Hilfe zu holen – im Gegenteil! Je besser du für dich sorgst, desto besser kannst du auch DIS-Menschen unterstützen.
- Austausch mit anderen Angehörigen
- Therapie oder Coaching für dich selbst
- Grenzen setzen lernen & Selbstfürsorge praktizieren
Fazit: DIS-Menschen unterstützen mit Herz & Verstand
Unterstützung für DIS-Menschen ist nicht immer einfach – aber sie kann einen riesigen Unterschied machen. Es geht nicht darum, alles perfekt zu verstehen oder auf jede Situation die richtige Antwort zu haben. Es geht darum, mit Respekt, Offenheit und Verlässlichkeit da zu sein.
Viele DIS-Menschen haben in ihrem Leben gelernt, dass sie sich nicht auf andere verlassen können. Dass ihre Realität infrage gestellt wird. Dass sie „zu viel“ sind. Du kannst dazu beitragen, dass das anders wird. Aber dabei ist eines wichtig: Hilfreiche Unterstützung hat Grenzen – und das ist gut so.
„Zusammen, nicht allein“
Ich trage mich, du trägst dich auch,
und doch, wenn’s geht, dann reichen wir
uns eine Hand, was immer es brauch,
nur du und wir, nur jetzt und hier.
Kein Wort, das heilt, kein Licht, das bricht,
kein Zauber, der die Schatten flieht.
Doch wenn du bleibst, und nicht als Pflicht,
dann ist die Nacht ein schönes Lied.
Und Grenzen sind kein harter Stein,
sie sind der Raum, in dem wir stehen,
nicht um uns fernzuhalten – nein,
nur um einander klar zu sehen.
Geschrieben von einem Persönlichkeitsanteil
Was du mitnehmen kannst
- ✅ Wissen hilft: Je besser du die Dissoziative Identitätsstruktur verstehst, desto sicherer kannst du im Umgang damit sein. Aber du musst nicht alles wissen – frag uns einfach direkt, was uns hilft.
- ✅ Zuhören ist oft mehr wert als Lösungen: Wir brauchen nicht immer Ratschläge – manchmal reicht es schon, wenn du da bist, ohne zu urteilen.
- ✅ Jede Identitätsstruktur ist anders: Es gibt keine Einheitslösung. Was für eine Person funktioniert, kann für eine andere nicht passen. Deshalb: Fragen statt annehmen.
- ✅ Grenzen schützen euch beide: Du kannst helfen, aber du bist nicht für den Heilungsweg eines DIS-Menschen verantwortlich. Es ist nicht deine Aufgabe, uns „zusammenzuhalten“ oder alles aufzufangen.
- ✅ Kleine Dinge machen einen großen Unterschied: Verlässlichkeit, Geduld, ein check-in, eine respektvolle Ansprache für Anteile – all das zeigt uns, dass wir nicht allein sind.
Warum Unterstützung immer auf Augenhöhe sein sollte
Viele DIS-Menschen haben in ihrem Leben erlebt, dass andere über sie bestimmt haben – oft gegen ihren Willen. Dass ihnen gesagt wurde, was richtig oder falsch ist. Dass sie für „gestört“ oder „unfähig“ gehalten wurden.
Echte Unterstützung bedeutet nicht, dass du uns „rettest“ oder „führst“.
Sie bedeutet, dass du uns begleitest – mit Respekt für unser Tempo, unsere Entscheidungen und unsere eigene Art, die Welt wahrzunehmen.
Du musst nicht alles verstehen. Du musst nicht immer die richtigen Worte finden. Aber wenn du bereit bist, unsere Realität als unsere Realität anzuerkennen, dann hast du schon mehr getan, als viele andere Menschen in unserem Leben.
Deine Gedanken dazu?
Was war für dich die wichtigste Erkenntnis aus diesem Guide? Hast du schon Erfahrungen mit Unterstützung für DIS-Menschen gemacht – ob als Nicht-DIS-Mensch oder als jemand mit einer dissoziativen Identitätsstruktur?
Wir freuen uns sehr über deinen Kommentar, deine Rückmeldung und deine Gedanken 🙂
Danke für diesen Einblick. Absolut nachvollziehbar, klar und hilfreich.
Danke für dein Feedback, wir freuen uns 🥰