DIS Superkräfte – Warum wir nicht kaputt sind, sondern kreativ überlebt haben

„Oh, das muss ja furchtbar sein mit DIS.“. Wir hören diesen Satz oft. Gut gemeint, keine Frage. Und ja, DIS entsteht durch Trauma, es bringt also Herausforderungen mit sich, die manchmal überwältigend sind. Aber heute wollen wir über etwas anderes sprechen. Nämlich über etwas, das in der ganzen Diskussion über DIS oft untergeht, nämlich DIS Superkräfte, über die unglaublichen Fähigkeiten, die wir durch unsere DIS-Struktur entwickelt haben.

Bevor jetzt jemand denkt „Die verherrlichen ja Trauma!“ – STOPP. Nein, tun wir nicht. Wir sagen nicht, dass Trauma gut ist und dass jeder DIS haben sollte. Wir sagen nicht, dass ihr keine Therapie braucht. Was wir sagen ist, dass aus extremem Trauma nicht nur Wunden entstanden sind, sondern auch außergewöhnliche Überlebensstrategien. Und diese Strategien haben Fähigkeiten mit sich gebracht, die verdammt beeindruckend sind.

Zeit, dass wir als Community nicht nur über unsere Schwierigkeiten sprechen, sondern auch über unsere Stärken. Nicht um das Trauma kleinzureden, sondern um zu zeigen: Wir sind mehr als unsere Diagnose.

Dieser Artikel ist eine Liebeserklärung an alle DIS-Menschen da draußen, die vergessen haben, wie stark sie sind. An alle, die nur ihre Defizite sehen und ihre Superkräfte übersehen. An alle, die jahrelang gehört haben „Du bist gestört“ und vergessen haben zu hören: „Du bist ein Überlebenskünstler.“

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DIS Superkräfte – Wenn mehrere Köpfe mitdenken

Letzte Woche wollten wir nur schnell eine E-Mail beantworten. Das Ergebnis aber war ein Gedicht, drei Songideen, der Plot für eine Kurzgeschichte und das Konzept für einen Instagram-Post. Klingt chaotisch? Ist es manchmal auch. Aber es ist auch oft verdammt produktiv.

Warum DIS-Menschen oft hochkreativ sind

Stellt euch vor, ihr habt nicht nur eine Perspektive auf ein Problem, sondern drölfzig. Nicht nur einen kreativen Ansatz, sondern mehrere gleichzeitig. Während andere vor dem leeren Blatt sitzen und auf Inspiration warten, haben wir bereits eine interne Brainstorming-Session laufen. Das sind DIS Superkräfte.

Eine Persönlichkeit denkt in Worten. Formulierungen, Metaphern, sprachliche Bilder, das ist ihre Welt. Sie findet die perfekte Formulierung, wenn andere noch nach Worten suchen.

Eine andere denkt in Bildern. Farben, Formen, visuelle Zusammenhänge. Sie sieht Dinge, die andere übersehen, wie visuelle Muster, ästhetische Verbindungen, räumliche Beziehungen.

Wieder eine andere denkt in Musik. Rhythmen, Melodien, emotionale Klanglandschaften. Sie hört die Welt anders, nimmt Schwingungen wahr, die anderen verborgen bleiben.

Und dann gibt es noch die pragmatische Persönlichkeit, die fragt: „Okay, cool, aber wie setzen wir das jetzt um? Was ist realistisch machbar?“ Sie sorgt dafür, dass aus Ideen Realität wird.

Das Ergebnis dieser internen Zusammenarbeit?
Eine Kreativität, die manchmal sogar uns selbst überrascht.

Die Wissenschaft dahinter

Forschung zeigt: DIS-Gehirne haben messbar andere Strukturen als neurotypische Gehirne. Nicht „kaputt“, sondern hochspezialisiert. Studien mittels bildgebender Verfahren haben gezeigt, dass bei DIS-Menschen bestimmte Hirnareale unterschiedlich aktiviert werden, je nachdem welche Persönlichkeit gerade präsent ist. Das ist nicht Einbildung oder „Schauspielerei“, sondern neurologische Realität.

Diese Spezialisierung ermöglicht es, zwischen verschiedenen Denkmustern schneller zu wechseln, auf verschiedene Gedächtnisspeicher zuzugreifen und Probleme aus multiplen Perspektiven zu betrachten. Was für andere kompliziert klingt, ist für uns Alltag, nämlich Perspektivenvielfalt als Standard-Modus.

Aus unserem Leben – Wenn Kreativität explodiert

Vor ein paar Jahren saßen wir an einem Projekt. Deadline in drei Tagen, kreatives Konzept gefragt. Während andere Kolleg:innen gestresst waren und nicht wussten, wo sie anfangen sollten, liefen bei uns bereits drei verschiedene Ideenstränge parallel:

  • Eine künstlerische Persönlichkeit hatte sofort eine visuelle Vision. Sie sah vor ihrem inneren Auge bereits das fertige Ergebnis, also Farben, Komposition, Stimmung.
  • Eine analytische Persönlichkeit strukturierte die Umsetzung, denn sie teilte das große Ganze in machbare Schritte auf, erstellte mentale Checklisten, dachte an Deadlines und Ressourcen.
  • Eine empathische Persönlichkeit fragte: „Was braucht eigentlich unsere Zielgruppe? Was bewegt sie? Welche Emotionen wollen wir ansprechen?“ Sie stellte sicher, dass wir nicht nur für uns kreierten, sondern für echte Menschen.
  • Und eine pragmatische Persönlichkeit sorgte dafür, dass wir im Zeitplan blieben: „Okay, die Idee ist toll, aber wir haben nur drei Tage. Was ist in dieser Zeit realistisch umsetzbar?“

Chaotisch? Ja, manchmal schon. Die verschiedenen Stimmen gleichzeitig zu hören, kann herausfordernd sein. Aber am Ende hatten wir ein Konzept, das so vielschichtig war, dass unser Team gefragt hat: „Wie habt ihr das in so kurzer Zeit geschafft?“ Ehrliche Antwort wäre: DIS Superkräfte!

Die innerliche Antwort (weil wir es außen noch nicht kommuniziert hatten):
Wir haben ein ganzes Kreativ-Team im Kopf. Brainstorming ist bei uns ein interner Prozess.

Kreativität in verschiedenen Formen

Diese Kreativität zeigt sich nicht nur in künstlerischen Bereichen. Sie durchzieht alle Lebensbereiche:

  • Problemlösung: Wir finden oft unkonventionelle Lösungen, weil wir Probleme aus so vielen verschiedenen Winkeln betrachten.
  • Kommunikation: Wir können uns auf unterschiedliche Kommunikationsstile einstellen, weil verschiedene Persönlichkeiten verschiedene „Sprachen“ sprechen.
  • Innovation: Neue Ideen entstehen oft an der Schnittstelle verschiedener Perspektiven und wir
    haben diese Schnittstellen intern.
  • Anpassungsfähigkeit: Wenn ein Ansatz nicht funktioniert, haben wir bereits drei alternative Strategien parat.

Diese Form der Kreativität ist nicht die romantisierte „Künstler-im-Dachstübchen“-Version, sondern praktische, anwendbare, alltagsrelevante Kreativität. Die Art von Kreativität, die Probleme löst, Brücken baut und neue Wege findet, wo andere nur Sackgassen sehen.

DIS Superkräfte - Kreativität

DIS Superkräfte – Perspektivwechsel als Lebensweise

Hier eine Frage an euch: Wer ist besser im Perspektivwechsel, entweder jemand, der das in einem Kommunikationsseminar gelernt hat, oder jemand, der täglich zwischen verschiedenen Persönlichkeiten vermittelt? Richtig. Wir sind Empathie-Expert:innen, weil wir ständig üben.

Warum DIS-Menschen Empathie anders verstehen

Empathie bedeutet für die meisten Menschen: sich in andere hineinversetzen, also ein kognitiver Prozess, den man lernen und anwenden kann. Für uns bedeutet es zwischen verschiedenen (Innen)welten zu vermitteln. Nicht als Übung, sondern als Überlebensstrategie. Nicht theoretisch, sondern praktisch. Jeden einzelnen Tag.

Jeden Tag managen wir:

  • Verschiedene Gefühlswelten, die gleichzeitig existieren
  • Unterschiedliche Bedürfnisse, die manchmal widersprüchlich sind
  • Komplexe emotionale Situationen, die Diplomatie erfordern
  • Perspektiven, die sich fundamental unterscheiden

Stellt euch vor: Eine Persönlichkeit ist traurig und braucht Ruhe, während eine andere voller Energie ist und etwas unternehmen will. Wieder eine andere hat Angst vor der anstehenden Situation, während eine weitere ist ungeduldig und will endlich vorankommen. All das gleichzeitig zu halten, zu verstehen und zu koordinieren, das ist ein empathisches Meisterwerk und zwar täglich.

Das ist anstrengend. Keine Frage. Aber es macht uns auch zu Menschen, die andere außergewöhnlich gut verstehen können.

Die Macht des inneren Perspektivwechsels

Ein Beispiel aus unserem Alltag: Eine Freundin erzählt uns von einem Konflikt mit ihrer Partnerin. Während sie spricht, läuft bei uns intern bereits ein komplexer Verstehensprozess:

  • Eine Persönlichkeit hört die emotionale Ebene: „Sie fühlt sich verletzt und nicht gesehen.“ Sie nimmt die Schwingungen in ihrer Stimme wahr, sieht die kleinen Zeichen von Schmerz in ihrer Körpersprache.
  • Eine andere analysiert die Sachebene: „Hier geht es um unterschiedliche Kommunikationsstile. Sie spricht direkt, ihre Partnerin eher indirekt. Das führt zu Missverständnissen.“ Sie erkennt die Muster, die Strukturen hinter dem Konflikt.
  • Wieder eine andere sieht beide Seiten: „Beide haben valide Bedürfnisse, die sich gerade widersprechen. Sie braucht Klarheit, ihre Partnerin braucht Raum.“ Sie hält die Komplexität aus, ohne zu werten.
  • Und eine weitere fragt: „Was braucht sie jetzt von uns? Trost? Rat? Einfach nur Zuhören?“ Sie ist präsent für das Hier und Jetzt, für das, was gerade wirklich wichtig ist.

Das alles passiert in Sekunden. Automatisch. Weil wir gelernt haben, zwischen verschiedenen Perspektiven zu navigieren. Andere Menschen müssen sich bewusst anstrengen, verschiedene Perspektiven einzunehmen, aber für uns ist es Standard-Modus.

Empathie als Überlebensstrategie

Menschen, die die DIS entwickeln, müssen früh lernen Situationen und Menschen zu lesen, Bedürfnisse im Voraus zu bemerken und Stimmungen zu erkennen, denn das war mal überlebenswichtig.

In traumatischen Umgebungen mussten wir wissen:

  • Welche Stimmung herrscht gerade?
  • Was wird als nächstes passieren?
  • Was wird von uns erwartet?
  • Wie müssen wir uns verhalten, um sicher zu sein?

Denn diese Hypervigilanz, diese ständige Aufmerksamkeit für kleinste emotionale Nuancen, sie war unsere Lebensversicherung.

Diese Fähigkeit verschwindet nicht im Erwachsenenalter, sondern im Gegenteil: Sie wird zur Superkraft. Wir erkennen oft intuitiv, was andere fühlen, bevor sie es aussprechen, sehen zwischenmenschliche Dynamiken, die anderen verborgen bleiben. Wir spüren die Untertöne in Gesprächen, die subtilen Spannungen in Beziehungen, die unausgesprochenen Bedürfnisse.
Das macht uns zu wertvollen Freund:innen, Partner:innen und Kolleg:innen, weil Menschen uns vertrauen, weil sie spüren: Wir verstehen sie wirklich.

Die emotionale Intelligenz von DIS-Menschen

Emotionale Intelligenz hat viele Facetten. Bei DIS-Menschen sind oft besonders ausgeprägt:

  • Emotionserkennung: Wir erkennen Gefühle bei anderen schnell und präzise und oft bevor die Person sich selbst darüber im Klaren ist.
  • Emotionsregulation: Wir haben gelernt, mit extremen Gefühlszuständen umzugehen. Was andere überwältigt, können wir oft halten und verarbeiten.
  • Soziale Kompetenz: Wir können uns auf verschiedene Menschen einstellen, weil wir gewohnt sind, zwischen verschiedenen „Modi“ zu wechseln.
  • Konfliktlösung: Wir sehen oft Lösungen, bei denen beide Seiten gewinnen können, weil wir gewohnt sind, verschiedene Bedürfnisse zu koordinieren.

Die Kehrseite der Empathie-Medaille

Natürlich hat diese Empathie-Superkraft auch ihre Schattenseiten:
Wir nehmen oft zu viel auf, den die Gefühle anderer werden manchmal zu unseren eigenen. Wir überfordern uns emotional, weil wir nicht nur unsere eigenen komplexen Gefühlswelten managen, sondern auch die der Menschen um uns herum. Haben oft Schwierigkeiten Grenzen zu setzen, weil wir so gut verstehen, warum andere etwas brauchen. Wir erschöpfen uns, weil wir ständig auf Empfang sind, ständig lesen, ständig vorausschauend denken.

Aber:
Wenn wir lernen, diese Empathie bewusst zu steuern (oft mit therapeutischer Unterstützung), wird sie zu einer unserer größten Stärken.

Empathie

DIS Superkräfte – Multitasking

„Wie schafft ihr das alles?“ werden wir oft gefragt.
Die ehrliche Antwort: Durch Zusammenarbeit im System.

Real talk – Wie DIS-Multitasking wirklich funktioniert

Nein, wir können nicht einfach auf Knopfdruck zwischen Persönlichkeiten switchen, denn das ist ein Mythos, der DIS verharmlost und die Realität unseres Lebens nicht abbildet. Switchen ist nicht wie Fernsehprogramme umschalten, weil es nicht kontrollierbar ist. Nicht immer vorhersehbar und oft passiert es genau dann, wenn wir es nicht brauchen können.

Aber die DIS Superkräfte: Verschiedene Persönlichkeiten in unserem System haben über Jahre verschiedene Fähigkeiten entwickelt. Nicht magisch, sondern als Teil der Überlebensstrategie. Als Kinder in traumatischen Situationen mussten verschiedene Persönlichkeiten verschiedene Aufgaben übernehmen.

Wenn diese Persönlichkeiten kooperieren, was man lernen und üben muss (oft über Jahre hinweg mit therapeutischer Unterstützung), dann haben wir Zugang zu Skills, die allein schwerer verfügbar wären.

DIS Superkräfte und Multitasking – Ein praktisches Beispiel

Wir arbeiten an einem komplexen Projekt. Was bei anderen eine Person allein stemmen muss, verteilt sich bei uns auf verschiedene Kompetenzbereiche:

  • Eine analytische Persönlichkeit sieht die Details, die Strukturen, die logischen Zusammenhänge. Sie erstellt Pläne, denkt systematisch, erkennt Muster, denn wenn sie arbeitet, entstehen klare Strukturen, durchdachte Konzepte, solide Grundlagen.
  • Eine kreative Persönlichkeit findet ungewöhnliche Lösungen, weil sie quer denkt, bringt frische Ideen ein. Sie sieht Verbindungen, die andere übersehen, kombiniert Dinge auf neue Weise, weil sie sich traut, konventionelle Pfade zu verlassen.
  • Eine pragmatische Persönlichkeit fragt: „Okay, wie setzen wir das realistisch um? Was ist machbar? Welche Ressourcen brauchen wir? Wie viel Zeit haben wir?“ Sie sorgt dafür, dass aus schönen Ideen tatsächlich Realität wird.
  • Eine empathische Persönlichkeit hält im Blick: „Für wen machen wir das? Was brauchen die Menschen wirklich? Welche Emotionen wollen wir ansprechen?“ Sie stellt sicher, dass das Projekt nicht im Elfenbeinturm entsteht, sondern echte Menschen erreicht.
  • Eine organisatorische Persönlichkeit koordiniert das Ganze: „Wer macht was wann? Wie kommunizieren wir nach außen? Was sind die nächsten Schritte?“ Sie hält alle Fäden zusammen.

Ist das immer einfach? Nein.
Kostet Koordination Energie? Absolut.
Muss Kommunikation im System erst erlernt werden? Ja, und das dauert Jahre.

Aber wenn es funktioniert? Dann ist das durchaus beeindruckend.

Der Preis und der Gewinn

Wir wollen hier ehrlich sein: Diese Art der Zusammenarbeit hat ihren Preis, denn die Koordination zwischen Persönlichkeiten kostet mentale Energie. Es ist, als würde man ständig ein Team-Meeting im Kopf haben. Manchmal gibt es Konflikte darüber, wer welche Aufgabe übernimmt. Manchmal switcht jemand zur falschen Zeit, und wir müssen uns erst orientieren: „Wo bin ich? Was machen wir gerade? Was ist der Kontext?“ Manchmal ist die Kommunikation im System schlecht, und dann funktioniert gar nichts. Dann fühlt es sich an wie ein Team, in dem niemand miteinander redet, nämlich chaotisch und ineffizient.

Aber: Wenn die DIS Superkräfte und Zusammenarbeit gut läuft, haben wir Zugang zu einem breiten Spektrum an Fähigkeiten. Wir können komplexe Aufgaben aus verschiedenen Perspektiven gleichzeitig betrachten, denn wir haben spezialisierte „Expert:innen“ für unterschiedliche Bereiche.

Das ist keine Verherrlichung, sondern die Realität:
DIS bringt Herausforderungen UND besondere Fähigkeiten mit sich, weil beides wahr ist.

Aufgabenteilung im Alltag

Diese Form der Zusammenarbeit zeigt sich nicht nur in großen Projekten, sondern auch im Alltag:

  • Morgens aufstehen? Eine pragmatische Persönlichkeit übernimmt und sorgt dafür, dass wir aus dem Bett kommen.
  • Frühstück machen? Eine fürsorgliche Persönlichkeit, die auf Ernährung achtet.
  • Auto fahren? Eine konzentrierte Persönlichkeit, die sich auf den Verkehr fokussiert.
  • Meetings? Eine professionelle Persönlichkeit, die weiß, wie man sich in beruflichen Kontexten verhält.
  • Mittagspause mit Kolleg:innen? Eine soziale Persönlichkeit, die Small Talk meistert.
  • Kreative Arbeit? Eine künstlerische Persönlichkeit kommt nach vorne.
  • Feierabend? Vielleicht switcht jemand, der entspannen kann, der die Arbeit hinter sich lassen kann.

Das läuft nicht immer reibungslos. Manchmal ist die falsche Persönlichkeit zur falschen Zeit da., denn es switcht jemand mitten in einer wichtigen Aufgabe. Manchmal gibt es Blackouts oder Zeitverluste. Aber wenn es funktioniert, ist diese natürliche Aufgabenteilung extrem effizient.

DIS Superkräfte – Krisenmanagement

Andere Menschen in einer Krise: Panik, Stress, Überforderung.
DIS-Menschen in einer Krise: Been there, done that, survived worse.

Warum wir unter Druck oft ruhiger werden

Das klingt vielleicht kontraintuitiv, aber viele von uns kennen das: In echten Krisen werden wir plötzlich ruhig. Klar. Handlungsfähig. Fast unheimlich gefasst. Auch ein Teil der DIS Superkräfte und warum?

Weil unser Nervensystem seit der Kindheit Krisen-Training hatte.

Als Kinder mussten wir in extremen Situationen funktionieren. Überleben. Lösungen finden, wo es keine zu geben schien. Zwischen verschiedenen Realitäten navigieren und dabei nach außen „normal“ wirken. Gefühle abspalten, wenn sie gerade nicht tragbar waren. Weitermachen, wenn andere zusammengebrochen wären.

Das war nicht freiwillig, nicht gewünscht. Das war Überlebenszwang.

Aber diese Fähigkeiten verschwinden nicht, sondern sie werden zu unserer Basis-Ausstattung. Unser Nervensystem hat gelernt: In Extremsituationen aktiviert sich ein bestimmter Modus, nämlich ein Krisen-Modus. Ein Überlebens-Modus.

Die Ruhe im Sturm

DIS Superkräfte – Ein konkretes Beispiel aus unserem Leben:

Vor ein paar Monaten gab es eine echte Krise, nämlich ein medizinischer Notfall, emotional hochgeladen, alle anderen panisch. Schreien, Weinen, Verzweiflung.

Wir? Plötzlich im „Krisen-Modus“.

Es war, als würde ein Schalter umlegen. Die Welt wurde klarer, fokussierter, langsamer, weil alles Unwichtige weg fiel. Nur noch das Wesentliche blieb.

  • Eine Persönlichkeit wurde ganz ruhig und analytisch: „Okay, was muss jetzt als erstes passieren? Notarzt rufen. Dann Person stabilisieren. Dann andere informieren.“ Klare Schritte, klare Prioritäten.
  • Eine andere übernahm die emotionale Betreuung der anderen Betroffenen: „Atmen. Ich bin hier. Wir schaffen das. Du bist nicht allein.“ Ruhige Stimme, feste Präsenz, Anker im Chaos.
  • Wieder eine andere koordinierte die praktischen Schritte: „Ich rufe den Krankenwagen. Du holst die Versicherungskarte und die Medikamentenliste.“ Logistics in der Krise.

Nachher fragte uns jemand: „Wie konntest du so ruhig bleiben? Ich war total panisch, aber du warst wie ein Fels in der Brandung.“ Die ehrliche Antwort: Weil unser System für solche Momente trainiert ist. Nicht freiwillig. Nicht aus Wahl. Sondern weil wir als Kinder keine andere Option hatten als zu funktionieren, egal was passierte. In dem Moment, als die Krise vorbei war, kam der Zusammenbruch. Dann kamen die Gefühle, die Überwältigung, die verzögerte Reaktion. Aber während der Krise selbst?
Eiskalte Funktionalität (ist nicht immer passend) gehört auch zu DIS Superkräfte.

Survival-Skills im Alltag

Diese Krisen-Kompetenz zeigt sich nicht nur in Extremsituationen. Sie ist auch im Alltag nützlich:

  • Deadlines? Unser System weiß, wie man unter Druck liefert. Wenn alle anderen gestresst sind, schaltet bei uns der Fokus-Modus ein.
  • Unerwartete Probleme? Wir finden Lösungen, wo andere nur Überforderung sehen, weil wir gewohnt sind zu improvisieren, uns anzupassen, Wege zu finden.
  • Komplexe Entscheidungen unter Zeitdruck? Been there, done that. Wir können schnell wichtig von unwichtig trennen, Prioritäten setzen, handeln.
  • Emotionale Ausnahmesituationen? Wir können zwischen „Gefühle haben“ und „handeln müssen“ unterscheiden. Wir können Gefühle temporär zur Seite schieben (durch Dissoziation), um funktionsfähig zu bleiben, und sie später verarbeiten.

Das bedeutet nicht, dass wir keine Unterstützung brauchen. Das bedeutet nicht, dass uns nichts erschüttert, denn DIS Superkräfte haben auch Grenzen. Es bedeutet:
Unser Nervensystem hat Strategien entwickelt, die unter Druck aktiviert werden.

DIS Superkräfte – Die neurologische Grundlage

Was hier passiert, ist keine Einbildung. Es ist Neurobiologie. Unser Nervensystem hat gelernt, in bestimmten Situationen bestimmte Modi zu aktivieren. Das ist ähnlich wie Muskelgedächtnis, also halt nur für Überlebensstrategien.

In Krisen:

  • Dissoziation ermöglicht klares Handeln trotz Emotionen
  • Fokussierung auf das Wesentliche wird automatisch
  • Zugang zu Ressourcen, die sonst nicht verfügbar sind
  • Verschiedene Persönlichkeiten mit spezifischen Krisen-Skills kommen nach vorne

Das ist hochspezialisiertes Survival-Training. Das Ergebnis von Jahren der Anpassung. Nicht schön in der Entstehung, aber beeindruckend im Ergebnis.

DIS Superkräfte – Die Kehrseite

Wichtig zu erwähnen: Diese Krisen-Kompetenz hat eine Kehrseite.
Manchmal werden wir erst in echten Krisen ruhig, während uns Alltagsstress überfordert. Das ist paradox, aber real: In Extremsituationen aktiviert sich unser Überlebensmodus, aber im normalen Alltag fehlt uns dieser Mechanismus manchmal.

  • Manchmal dissoziieren wir in Momenten, wo andere „normal“ reagieren würden. Wir sind dann plötzlich abwesend, abgespalten, nicht erreichbar und das genau dann, wenn wir präsent sein sollten.
  • Manchmal zahlen wir später den Preis für die Ruhe während der Krise. Nachdem die Gefahr vorbei ist, kommt die verzögerte Reaktion, aber dann oft heftiger, als wenn wir währenddessen schon Emotionen zugelassen hätten.
  • Manchmal führt diese Fähigkeit dazu, dass andere uns für „stark“ halten und nicht sehen, wie sehr wir eigentlich kämpfen. „Du schaffst das doch immer“ wird zur Falle, weil niemand merkt, dass wir Unterstützung bräuchten.

Aber: Die Fähigkeit ist da. Und wenn wir lernen, sie bewusst zu nutzen und auch die Kehrseiten zu managen (mit therapeutischer Unterstützung), wird sie zu einem wertvollen Tool.

DIS Superkräfte - Ruhe in Krisen

DIS Superkräfte – Fünf Meinungen, eine Entscheidung

„Wie sollen wir uns nur entscheiden?“ – Ein Problem, das viele Menschen kennen.
Bei uns läuft das anders. Nicht unbedingt einfacher, aber definitiv gründlicher.

Wenn das interne Team diskutiert

Eine Entscheidung bei uns bedeutet oft eine interne Konferenz:

  • Eine vorsichtige Persönlichkeit sagt: „Aber was, wenn es schiefgeht? Lass uns alle Risiken durchgehen. Was ist im worst case? Haben wir einen Plan B? Und Plan C? Und was, wenn auch der nicht funktioniert?“ Sie ist die Sicherheitsbeauftragte unseres Systems, und sie nimmt ihren Job sehr ernst.
  • Eine optimistische Persönlichkeit sagt: „Das wird super! Ich sehe so viele Möglichkeiten! Stellt euch vor, wie toll das werden kann! Warum immer so negativ denken?“ Sie bringt die Energie, die Vision, den Mut.
  • Eine analytische Persönlichkeit sagt: „Okay, hier sind die Fakten. Pro und Contra, bitte. Lass uns rational bewerten, ohne Emotionen. Was sagen die Daten? Was ist logisch sinnvoll?“ Sie ist die Strategin, die Planerin.
  • Eine intuitive Persönlichkeit sagt: „Ich habe da so ein Gefühl… Ich kann es nicht erklären, aber irgendetwas sagt mir…“ Sie hat Zugang zu Wissen, das nicht rational ist, aber oft erstaunlich treffend.
  • Eine pragmatische Persönlichkeit sagt: „Leute, wir müssen uns JETZT entscheiden. Wir können nicht ewig diskutieren. Was ist realistisch machbar? Was können wir mit unseren Ressourcen umsetzen?“ Sie ist die Macherin, die Umsetzerin.
  • Eine empathische Persönlichkeit fragt: „Aber wie fühlt sich das an? Was brauchen wir wirklich? Was ist gut für uns? Nicht nur rational, sondern auch emotional?“ Sie hält die menschliche Komponente im Blick.

Klingt kompliziert? Ist es auch oft. Interne Diskussionen können sich ziehen, können anstrengend sein, können frustrierend sein. Aber es führt zu verdammt gut durchdachten Entscheidungen.

Der Vorteil der internen Debatte

Während andere Menschen externe Berater:innen brauchen oder stundenlang mit Freund:innen diskutieren, haben wir unser Beratungsteam immer dabei. Wir sehen Probleme aus verschiedenen Winkeln. Gleichzeitig. Automatisch. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir nicht auch im Außen oft den Austausch suchen und uns beraten lassen!

Ein Problem aus drölfzig Perspektiven betrachtet = drölfzig mögliche Lösungsansätze.

DIS Superkräfte sind nicht alle immer umsetzbar. Nicht alle sind immer realistisch, aber die Wahrscheinlichkeit, eine gute Lösung zu finden, steigt exponentiell, wenn man so viele verschiedene Herangehensweisen hat.

Kreative Problemlösung durch Perspektivenvielfalt

Wir standen vor einem beruflichen Dilemma, denn es ging um die berufliche Zukunft mit zwei Varianten, beide mit Vor- und Nachteilen. Eine Entscheidung, die unser Leben für die nächsten Jahre prägen würde.

  • Eine sicherheitsorientierte Persönlichkeit analysierte: Gehalt, Stabilität, Zukunftsperspektiven. „Job A zahlt besser und hat einen sicheren Vertrag. Job B ist befristet und riskanter.“
  • Eine kreative Persönlichkeit fragte: „Wo kann ich mich entfalten? Wo ist Raum für Innovation? Wo darf ich kreativ sein?“ „Job B bietet mehr kreative Freiheit, Job A ist strukturierter und eingeschränkter.“
  • Eine soziale Persönlichkeit überlegte: „Welches Team fühlt sich richtig an? Wo werden wir gesehen? Wo finden wir Verbindung?“ „Bei Job A haben wir tolle Kolleg:innen gespürt, bei Job B wirkte das Team distanziert.“
  • Eine ehrgeizige Persönlichkeit dachte: „Wo komme ich schneller voran? Was bringt meine Karriere weiter? Wo kann ich Erfolg haben?“ „Job B hat mehr Prestige und bessere Karrierechancen.“
  • Eine erschöpfte Persönlichkeit sagte: „Wo habe ich weniger Stress? Wo bleibe ich gesund? Wo kann ich langfristig durchhalten?“ „Job A hat geregelte Arbeitszeiten, Job B klingt nach ständiger Überforderung.“

Am Ende hatten wir eine Entscheidung, die all diese Perspektiven berücksichtigte.
DIS Superkräfte und eine Entscheidung, mit der das ganze System leben konnte.

Wir wählten A, nicht weil er perfekt war, sondern weil die Abwägung aller Perspektiven zeigte:
Hier können wir kreativ sein UND stabil leben. Hier finden wir soziale Verbindung UND finanzielle Sicherheit. Hier können wir langfristig gesund bleiben UND uns weiterentwickeln.

Eine neurotypische Person hätte vielleicht nur einen oder zwei dieser Aspekte intensiv betrachtet, aber wir hatten automatisch alle im Blick.

DIS Superkräfte – Die Kunst der inneren Demokratie

Natürlich ist es nicht immer so harmonisch, denn manchmal streiten Persönlichkeiten heftig, gibt es Blockaden und manchmal fühlt es sich an, als würden wir nie zu einer Entscheidung kommen. Manchmal sagt eine Persönlichkeit kategorisch NEIN, aber wir müssen verstehen warum. Oft steckt hinter einem solchen Veto eine wichtige Botschaft: eine Grenze, ein Bedürfnis, eine Warnung.

Wenn wir gelernt haben, diese interne Vielfalt zu moderieren (oft mit therapeutischer Unterstützung), dann wird sie zu einer unglaublichen Ressource. Wir treffen Entscheidungen, die ganzheitlicher sind und die mehr Aspekte berücksichtigen. Die nachhaltiger sind und weniger blinde Flecken haben.

Perspektivenvielfalt ist kein Bug, sondern ein Feature.

Perspektivwechsel

DIS Superkräfte – Spezialisierte Fähigkeiten

Einer der faszinierendsten Aspekte von DIS: Verschiedene Persönlichkeiten entwickeln oft hochspezialisierte Fähigkeiten.

Wie Spezialisierung entsteht

Als Kinder in traumatischen Situationen entwickelten wir verschiedene Persönlichkeiten für verschiedene Anforderungen:

  • Eine Persönlichkeit musste nach außen funktionieren, denn sie lernte Maskierung, soziale Skills, „Normal“-Sein.
  • Eine andere musste Trost spenden und sie entwickelte Empathie, Fürsorglichkeit, emotionale Intelligenz.
  • Wieder eine andere musste analysieren, also lernte sie Situationen einzuschätzen, Gefahren zu erkennen, strategisch zu denken.
  • Eine weitere musste stark sein und sie entwickelte Durchhaltevermögen, Resilienz, Kampfgeist.

Diese Spezialisierungen bleiben. Und im Erwachsenenalter werden sie zu wertvollen Skills.

Praktische Beispiele aus unserem System

Bei uns gibt es zum Beispiel:

  • Eine sprachlich begabte Persönlichkeit, die Texte schreibt, die andere berühren. Die Worte findet, wo andere verstummen. Die komplexe Gedanken in klare Sprache übersetzen kann.
  • Eine logische Persönlichkeit, die komplexe Zusammenhänge in Sekunden durchschaut. Die Strukturen erkennt und Systeme versteht. Die Muster sieht, wo andere nur Chaos wahrnehmen.
  • Eine künstlerische Persönlichkeit, die visuelle Welten erschafft. Die in Farben und Formen denkt. Die Schönheit sieht und schaffen kann.
  • Eine diplomatische Persönlichkeit, die in Konflikten vermittelt. Die Brücken baut, wo andere nur Gräben sehen. Die alle Seiten hört und Kompromisse findet.
  • Eine praktische Persönlichkeit, die weiß, wie Dinge funktionieren. Die repariert, organisiert, umsetzt. Die aus Ideen Realität macht.

Allein wäre jede von uns gut in ihrem Bereich.
Zusammen sind wir ein Kompetenz-Team mit außergewöhnlicher Bandbreite.

Der strategische Einsatz von Stärken

Mit der Zeit haben wir gelernt, diese Spezialisierungen bewusst zu nutzen:

  • Wichtiges Gespräch? Eine diplomatische, eloquente Persönlichkeit übernimmt, wenn die Kommunikation im System gut genug ist, dass das möglich ist.
  • Kreatives Projekt? Eine künstlerische Persönlichkeit kommt nach vorne, wenn die Umstände es zulassen.
  • Komplexes Problem lösen? Eine analytische Persönlichkeit ist gefragt, wenn sie in diesem Moment präsent sein kann.
  • Emotionale Unterstützung für Freund:innen? Eine empathische Persönlichkeit ist zur Stelle, wenn sie erreichbar ist.

Das ist nicht „switchen auf Knopfdruck“, denn das wäre eine Verharmlosung. Das würde suggerieren, wir hätten volle Kontrolle, und das ist oft nicht der Fall.

Es ist das Ergebnis von Jahren der Systemarbeit, Kommunikation und Therapie. Es funktioniert nicht immer. Manchmal ist die „falsche“ Persönlichkeit da, und wir müssen trotzdem klarkommen. Manchmal switcht jemand unerwartet, mitten in einer Situation. Aber wenn es klappt?
Dann haben wir Zugang zu einem Toolkit, das außergewöhnlich vielfältig ist.

DIS Superkräfte – Verschiedene Wissensbereiche

Oft haben verschiedene Persönlichkeiten auch Zugang zu verschiedenem Wissen:

  • Eine Persönlichkeit hat sich intensiv mit Psychologie beschäftigt und kann komplexe therapeutische Konzepte erklären.
  • Eine andere kennt sich mit Technik aus und löst IT-Probleme, von denen die anderen nicht mal wussten, dass sie existieren.
  • Wieder eine andere spricht fließend eine Fremdsprache, während andere im System nur Grundkenntnisse haben oder die Sprache gar nicht können.
  • Eine weitere hat handwerkliche Skills und weiß intuitiv, wie man Dinge repariert.

DIS Superkräfte. Das kann verwirrend sein, sowohl für uns als auch für andere.
„Letzte Woche konntest du das doch noch!“ wird zu einem häufigen Satz, weil andere nicht verstehen, dass verschiedene Persönlichkeiten verschiedene Fähigkeiten haben.

Aber es bedeutet auch: Wir haben Zugang zu einem riesigen, verteilten Wissensnetzwerk.

DIS Superkräfte - Spezielle Fähigkeiten

DIS Superkräfte – Gedächtnis und Informationsverarbeitung

Ein oft übersehener Aspekt: Wie DIS-Menschen Informationen speichern und verarbeiten.

Spezialisierte Gedächtnisspeicher

Verschiedene Persönlichkeiten haben oft Zugang zu verschiedenen Erinnerungen und Wissensbereichen. Eine Persönlichkeit erinnert sich perfekt an Fakten und Daten. Eine andere speichert emotionale Erlebnisse. Wieder eine andere hat Zugang zu praktischem Wissen und Skills.
Das kann herausfordernd sein, gar keine Frage. Manchmal wissen wir Dinge und manchmal nicht, je nachdem, wer gerade präsent ist. DIS Superkräfte und die Verwirrung: „Ich hätte schwören können, dass ich das wusste…“ sind typische Sätze von uns.

Aber: Es bedeutet auch, dass wir auf ein riesiges, verteiltes Wissensnetzwerk zugreifen können, wenn die Kommunikation im System funktioniert.

Hyperfokus und Spezialisierung

Viele Persönlichkeiten entwickeln einen intensiven Fokus auf ihr Spezialgebiet. Während neurotypische Menschen Generalisten sind, haben wir interne Spezialist:innen.

Das führt oft zu:

  • Tiefem Expertenwissen in verschiedenen Bereichen
  • Schneller Informationsaufnahme in Interessengebieten
  • Detailgenauigkeit, die andere beeindruckt
  • Vernetztem Denken über verschiedene Wissensdomänen hinweg

Aus unserem Leben – Das interne Wikipedia

Neulich diskutierten wir mit Freund:innen über ein komplexes Thema. Plötzlich sprudelte aus uns Wissen, das wir bewusst gar nicht abgespeichert hatten. Eine Persönlichkeit hatte sich intensiv damit beschäftigt, ohne dass die anderen davon wussten.
Als das Thema kam, war plötzlich alles da: Fakten, Zusammenhänge, Details, Quellenangaben.

Unsere Freund:innen: „Wie weißt du das alles?“
Wir: „Äh… gute Frage. DIS Superkräfte? Eine von uns hat sich damit beschäftigt?“ 😅

Das interne Wissensnetzwerk funktioniert manchmal wie ein verteiltes Gehirn.
Und wenn die Kommunikation gut ist, haben wir Zugang zu all diesen verschiedenen Wissensbereichen.

Das kann auch zu absurden Momenten führen: Wir können in einem Gespräch hochkomplexe Fachbegriffe erklären und im nächsten Moment nicht mehr wissen, wie man eine Spülmaschine einräumt, weil jemand geswitcht ist, der dieses Alltagswissen nicht hat.

DIS Superkräfte – Chamäleons des Lebens

Eine Fähigkeit, die oft unterschätzt wird: Unsere außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit.

Zwischen Welten navigieren

Als Kinder mussten wir lernen: In verschiedenen Kontexten verschiedene Versionen von uns zu sein. Das war überlebenswichtig. Bei der einen Person mussten wir still und unsichtbar sein. Bei einer anderen konnten wir vielleicht Kind sein. In der Schule mussten wir „normal“ wirken, als wäre nichts.

Diese Fähigkeit bleibt und wird im Erwachsenenleben zu einem Vorteil: Wir können uns auf unterschiedliche Menschen einstellen. Verschiedene soziale Kontexte meistern. Zwischen professionellem und privatem Modus wechseln. Uns in fremden Umgebungen schnell zurechtfinden.

Wir sind soziale Chamäleons, aber nicht aus Falschheit, sondern aus jahrelanger Übung.

Flexibilität unter Druck

Situation ändert sich plötzlich? Kein Problem. Unser System ist gewohnt, sich anzupassen.
Plan geht nicht auf? Wir improvisieren. Unsere gesamte Kindheit war Improvisation.
Unerwartete Wendung? Wir passen uns an. Wir haben als Kinder gelernt, dass nichts vorhersehbar ist und dass Überleben bedeutet, flexibel zu bleiben.

Diese Flexibilität, die aus unserer DIS-Struktur resultiert, macht uns in unvorhersehbaren Situationen oft handlungsfähiger als andere.

Code-Switching als Überlebensskill

Viele von uns beherrschen, was in der Sozialpsychologie „Code-Switching“ genannt wird, auf einem außergewöhnlichen Level:

  • Professioneller Kontext? Eine bestimmte Persönlichkeit oder ein bestimmter „Modus“ wird aktiv, der weiß, wie man sich hier verhält.
  • Privater Kontext? Jemand anderes kann nach vorne kommen, der entspannter, authentischer sein kann.
  • Stressiger Konflikt? Vielleicht übernimmt jemand, der ruhig bleiben kann.
  • Kreative Situation? Eine andere Persönlichkeit, die in diesem Element ist.

Das ist nicht Manipulation. Es ist nicht Unehrlichkeit, sondern eine hochentwickelte Anpassungsfähigkeit, die aus der Notwendigkeit entstanden ist, in verschiedenen Kontexten zu überleben.

DIS Superkräfte – Die Herausforderung der Authentizität

Die Kehrseite dieser Anpassungsfähigkeit: Manchmal wissen wir selbst nicht mehr, wer wir „wirklich“ sind. Wenn man so gut darin ist, sich anzupassen, verliert man manchmal den Kern, das Echte.
„Wer bin ich, wenn ich nicht gerade versuche, mich anzupassen?“ ist eine Frage, die viele DIS-Menschen umtreibt.

Die therapeutische Arbeit besteht oft darin, diese Anpassungsfähigkeit zu würdigen UND gleichzeitig einen authentischen Kern zu finden oder zu entwickeln. Zu lernen: Wir können flexibel sein UND echte Bedürfnisse haben. Wir können uns anpassen UND Grenzen setzen.

Der Preis der DIS Superkräfte – Ehrliche Worte

Jetzt mal ganz ehrlich: All diese „Superkräfte“ haben ihren Preis.

DIS Superkräfte – Die Kosten

Kreativität ist toll, aber manchmal auch überwältigend, wenn zu viele Ideen gleichzeitig kommen und wir nicht wissen, welcher wir folgen sollen.

Empathie ist wertvoll, aber emotional erschöpfend, wenn wir nicht nur unsere eigenen komplexen Gefühlswelten tragen, sondern auch die aller anderen um uns herum.

Multitasking funktioniert, aber kostet enorme mentale Energie und manchmal verlieren wir den Überblick, wer was wann gemacht hat.

Krisenmanagement klappt, aber manchmal dissoziieren wir genau dann, wenn wir es uns nicht leisten können, und manchmal bezahlen wir später einen hohen Preis für die Funktionalität während der Krise.

Perspektivenvielfalt hilft, aber manchmal führt sie zu endlosen internen Diskussionen und wir können uns nicht entscheiden, weil zu viele Stimmen gleichzeitig sprechen.

Spezialisierung ist nützlich, aber manchmal ist die „falsche“ Persönlichkeit da und wir können nicht auf die Skills zugreifen, die wir gerade bräuchten.

Anpassungsfähigkeit ist praktisch, aber manchmal verlieren wir uns selbst darin und wissen nicht mehr, was wir wirklich wollen oder brauchen.

Diese Fähigkeiten sind nicht „gratis“ gekommen.
Sie sind das Ergebnis von Trauma, Überlebenskampf und jahrelangem Lernen.
Sie sind entstanden, weil wir keine andere Wahl hatten.

Die Ambivalenz aushalten

Das ist die Wahrheit über DIS-Superkräfte:

Sie sind real, beeindruckend. Sie sind wertvoll.
UND
Sie sind teuer erkauft und manchmal überwältigend. Sie sind nicht immer kontrollierbar.

Beides ist wahr. Gleichzeitig. Und das muss okay sein.

Wir dürfen stolz auf unsere Fähigkeiten sein UND traurig über die Umstände, die sie geschaffen haben.

Wir dürfen unsere Stärken feiern UND anerkennen, dass wir sie lieber nicht hätten, wenn das bedeuten würde, dass wir nicht traumatisiert worden wären.

Komplexität ist erlaubt. Ambivalenz ist menschlich.

Warum wir trotzdem darüber sprechen

Wir reden über diese DIS Superkräfte nicht, um das Trauma schönzureden.

Wir reden darüber, weil:

  • Wir mehr sind als unsere Wunden. Ja, wir sind durch Trauma entstanden. Aber wir sind auch Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.
  • Die Gesellschaft muss beide Seiten sehen. Nicht nur „die armen Betroffenen“, sondern auch „die beeindruckenden Überlebenskünstler:innen“. Beides gehört zum Bild.
  • Wir selbst dürfen unsere Stärken sehen. Nach Jahren der Fokussierung auf Defizite, auf das, was „nicht funktioniert“, ist es heilsam zu erkennen: Wir haben auch Superkräfte.
  • Es hilft beim Empowerment. Wenn wir unsere Stärken kennen, können wir sie bewusst nutzen – für uns selbst, für unsere Heilung, für unser Leben.
  • Es durchbricht das Stigma. Wenn die Welt nur hört „DIS ist eine schwere Störung“, entstehen Angst und Vorurteile. Wenn die Welt auch hört „DIS-Menschen haben besondere Fähigkeiten“, entsteht Respekt.

Eure DIS Superkräfte bewusst nutzen – Praktische Tipps

Okay, ihr habt jetzt viel über Superkräfte gelesen. Aber wie nutzt ihr sie konkret für euch?

Kreativität für Heilung einsetzen

Verschiedene Persönlichkeiten haben verschiedene Ausdrucksformen. Nutzt diese Vielfalt!

  • Eine Persönlichkeit malt die Gefühle raus – gebt ihr Farben und Papier
  • Eine andere schreibt sie auf – ein Journal, ein Blog, Poesie
  • Eine weitere tanzt oder bewegt sich – Musik an und Körper sprechen lassen
  • Wieder eine andere hört oder macht Musik – Playlists, Instrumente, Gesang

Eure Gefühle haben viele Sprachen. Lasst sie alle sprechen. Nicht jede Persönlichkeit muss den gleichen Weg nutzen. Das ist okay. Das ist sogar gut.

Praktischer Tipp: Richtet verschiedene „Stationen“ ein, wie einen Platz zum Malen, einen zum Schreiben, einen zum Bewegen. Verschiedene Persönlichkeiten können dann das nutzen, was für sie passt.

Perspektivenwechsel bei Problemen

Festgefahren in einer Situation? Fragt bewusst andere Persönlichkeiten um ihre Perspektive.

„Was würdest du tun?“
„Wie siehst du die Situation?“
„Was übersehe ich gerade?“
„Welche Lösungen siehst du?“

Fresh eyes guaranteed, denn ihr habt sie schon dabei!

Praktischer Tipp: Probiert interne Meetings. Setzt euch hin, vielleicht mit Papier und Stift, und fragt:
„Wer hat eine Meinung zu [Problem]?“ Schreibt auf, was kommt. Oft entstehen überraschende Lösungen.

Empathie nach innen richten

Ihr seid Empathie-Expert:innen für andere? Zeit, diese Superkraft nach innen zu richten.

Behandelt eure Persönlichkeiten so liebevoll, wie ihr eure beste Freundin behandeln würdet:

  • Mit Verständnis statt Verurteilung
  • Mit Geduld statt Ungeduld
  • Mit Wertschätzung statt Ablehnung
  • Mit Neugier statt Angst

Praktischer Tipp: Wenn eine Persönlichkeit etwas tut, das ihr nicht versteht, fragt: „Was brauchst du gerade? Was versuchst du zu schützen?“ Oft steckt hinter „schwierigem“ Verhalten ein wichtiges Bedürfnis.

Krisenmanagement im Alltag

Ihr könnt echte Krisen meistern? Dann schafft ihr auch den stressigen Mittwoch!

Erinnert euch in Stress-Momenten:
„Mein Nervensystem ist ein Überlebenskünstler.“
„Ich habe Schlimmeres überstanden.“
„Ich habe Skills, die andere nicht haben.“

Praktischer Tipp: Identifiziert, welche Persönlichkeit in Krisensituationen besonders gut funktioniert. Wenn möglich, kommuniziert mit ihr: „Was brauchst du, um aktiv zu werden?“ Manchmal sind es bestimmte Trigger oder Strategien, die helfen.

Stärken gezielt einsetzen

Lernt, welche Persönlichkeiten welche Stärken haben. Und nutzt sie bewusst:

  • Schwieriges Gespräch? → Eine diplomatische Persönlichkeit (wenn möglich)
  • Kreatives Projekt? → Eine künstlerische Persönlichkeit
  • Komplexes Problem? → Eine analytische Persönlichkeit
  • Emotionale Unterstützung? → Eine empathische Persönlichkeit

Das ist kein „Switchen auf Knopfdruck“, denn das funktioniert nicht. Aber wenn die Kommunikation im System gut ist, können manchmal Ko-Bewusstsein oder sanfte Übergänge entstehen.

Praktischer Tipp: Macht eine „DIS Superkräfte-Karte“ eures Systems. Welche Persönlichkeit kann was besonders gut? Das hilft, die Vielfalt zu würdigen und wertzuschätzen.

Systemkommunikation fördern

Je besser die Kommunikation im System, desto besser könnt ihr eure Superkräfte nutzen.

Praktische Wege:

  • Tagebuch/Journal für verschiedene Persönlichkeiten – mit verschiedenen Stiften, verschiedenen Seiten, verschiedenen Ausdrucksformen
  • Innere Meetings/Runden – bewusste Zeit für interne Kommunikation
  • Therapie zur Verbesserung der Innenkommunikation – professionelle Unterstützung ist gold wert
  • Achtsamkeit für innere Stimmen und Bedürfnisse – wer ist gerade da? Was braucht diese Person?

Praktischer Tipp: Startet klein. Nicht gleich „perfekte Systemkommunikation“ erwarten. Vielleicht erst mal nur: „Wer ist gerade da? Wie fühlt sich diese Person?“ Das ist schon ein Anfang.

Wir erarbeiten grad das Inside-Out Journal, zugeschnitten auf DIS-Menschen, beruhend auf unserer eigenen Erfahrungen. Tragt euch auf diese Warteliste ein und verpasst nicht, wenn es verfügbar ist:

https://forms.gle/Z2cjxzeJyVBn6afJA

DIS Superkräfte – Grenzen setzen

Eure Superkräfte sind toll, aber sie dürfen euch nicht ausbeuten.

  • Nur weil ihr Krisen meistern könnt, heißt das nicht, dass ihr immer die Retterin für alle sein müsst.
  • Nur weil ihr empathisch seid, heißt das nicht, dass ihr jedes emotionale Problem anderer lösen müsst.
  • Nur weil ihr kreativ seid, heißt das nicht, dass ihr 24/7 Ideen liefern müsst.

Praktischer Tipp: Lernt zu sagen: „Ich kann das gut, aber gerade nicht. Ich brauche Pause.“, denn eure Superkräfte sind Ressourcen, keine unerschöpflichen Quellen.

DIS Superkräfte und Grenzen setzen

DIS Superkräfte sehen – Für Angehörige

Ihr seid Partner:in, Freund:in, Familie von jemandem mit DIS? Dann seht bitte auch die Stärken!

Was ihr tun könnt

Nicht nur Defizit-Fokus Ja, DIS bringt Herausforderungen. Aber seht auch die außergewöhnlichen Fähigkeiten eurer Liebsten. Fragt nicht nur „Was ist heute schwierig?“, sondern auch „Was ist heute gut gelaufen? Was hast du heute geschafft?“

Wertschätzung zeigen
„Ich bewundere, wie kreativ du bist.“
„Deine Empathie ist beeindruckend.“
„Wie du Krisen meisterst, ist inspirierend.“
„Die Art, wie du Probleme aus verschiedenen Perspektiven betrachtest, hilft mir total.“

Solche Sätze bedeuten mehr, als ihr ahnt.

Stärken fördern
Schafft Räume, in denen die Superkräfte eurer Liebsten zum Einsatz kommen können. Kreative Projekte gemeinsam machen. Raum für verschiedene Ausdrucksformen geben. Wertschätzen, wenn verschiedene Persönlichkeiten verschiedene Fähigkeiten einbringen.

Beide Realitäten halten
Herausforderungen UND Stärken. Beides ist wahr. Beides darf gesehen werden. Ihr müsst nicht zwischen „mitleidsvoll“ und „bewundernd“ wählen. Ihr könnt beides gleichzeitig fühlen.

Verschiedene Persönlichkeiten würdigen
Wenn verschiedene Persönlichkeiten verschiedene Stärken haben, würdigt das. „Ich schätze, dass du [diese Fähigkeit] hast“, auch wenn es gerade eine andere Persönlichkeit ist als die, mit der ihr normalerweise sprecht.

Nicht ausnutzen
Nur weil eure Liebsten bestimmte Superkräfte haben, heißt das nicht, dass sie immer verfügbar sein müssen. „Du kannst das doch so gut“ kann zur Belastung werden. Respektiert Grenzen und Erschöpfung.

Was ihr vermeiden solltet

❌ „Du hast aber auch Vorteile durch deine DIS“ (als Relativierung der Schwierigkeiten)
❌ „Kannst du nicht einfach die Persönlichkeit rausholen, die das kann?“ (als würde Switchen auf Kommando funktionieren)
❌ „Andere würden sich glücklich schätzen, so kreativ/empathisch zu sein“ (als wäre der Preis nicht hoch) ❌ „Dann ist es ja doch nicht so schlimm“ (nur weil es auch Stärken gibt)

Remember: Superkräfte und Trauma schließen sich nicht aus. Beides ist real.

DIS Superkräfte – Für Therapeut:innen und Fachpersonen

Liebe Fachkolleg:innen, ein Plädoyer von uns als DIS-System:

Nicht nur Pathologie

DIS ist in der ICD als Störung klassifiziert. Wir wissen das. Wir sagen nicht, dass das falsch ist. Aber in der therapeutischen Arbeit: Seht auch die Ressourcen und die DIS Superkräfte!

Wenn wir in jeder Sitzung nur über Symptome, Probleme und Defizite sprechen, verstärken wir das Narrativ: „Ich bin kaputt.“ Wenn wir auch über Stärken, Fähigkeiten und Ressourcen sprechen, entsteht ein anderes Narrativ: „Ich bin komplex, also mit Herausforderungen UND mit Superkräften.“

Stärkenorientierte Ansätze

Fragt nicht nur: „Was läuft schief?“, sondern fragt auch:

  • „Welche Fähigkeiten haben verschiedene Persönlichkeiten?“
  • „Wie können diese für die Heilung genutzt werden?“
  • „Welche Überlebensstrategien waren erfolgreich?“
  • „Wie können ‚Symptome‘ zu Ressourcen werden?“
  • „Was macht dieses System stark und resilient?“

Empowerment statt nur Symptomreduktion

Ja, Symptome sollen reduziert werden. Keine Frage, aber gleichzeitig:
Stärkt die Selbstwirksamkeit durch Anerkennung von Kompetenzen!

Eure Klient:innen sind nicht nur traumatisiert. Sie sind Überlebenskünstler:innen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Sie haben ihr eigenes Überleben gesichert, als sie noch Kinder waren. Das ist verdammt beeindruckend.

Verschiedene Persönlichkeiten würdigen

Jede Persönlichkeit hat einen Grund zu existieren, eine Funktion übernommen. Jede hat Stärken entwickelt. Statt nur zu fragen „Warum gibt es dich?“, fragt auch: „Was kannst du besonders gut? Welche Rolle spielst du im System? Was würde fehlen, wenn es dich nicht gäbe?“

Das bedeutet nicht, dass Integration oder Fusion nicht angestrebt werden können (wenn das das Ziel der Klient:in ist). Aber es bedeutet: Würdigung vor Veränderung.

Die Sprache der Stärke

Achtet auf eure Sprache:

Statt: „Du leidest an DIS“
Besser: „Du lebst mit DIS“

Statt: „Die Störung verursacht…“
Besser: „Die DIS-Struktur führt zu…“

Statt: „Du bist gespalten“
Besser: „Du bist vielfältig“

Und falls erwünscht, lasst euch auf die Wir-Form und Ansprache ein, denn Sprache formt Realität.
Wenn wir immer nur Defizit-Sprache verwenden, verstärken wir Defizit-Denken.

DIS Superkräfte – Für die Gesellschaft

An alle, die diesen Artikel lesen und selbst kein DIS haben.

Was ihr wissen solltet

DIS-Menschen sind nicht:

  • Gefährlich
  • „Verrückt“
  • Unzurechnungsfähig
  • Eine Kuriosität
  • Eine Filmfigur

DIS-Menschen sind:

  • Menschen mit einer komplexen Traumageschichte
  • Überlebenskünstler:innen mit beeindruckenden Fähigkeiten
  • Oft hochempathische, kreative, resiliente Personen
  • Eure Kolleg:innen, Freund:innen, Nachbar:innen
  • Vollwertige Mitglieder der Gesellschaft

Was ihr tun könnt

  • Lernt über DIS – aus seriösen Quellen, nicht aus Horrorfilmen
  • Hört zu – wenn DIS-Menschen ihre Geschichten teilen
  • Fragt – mit echtem Interesse, nicht aus Sensationslust
  • Würdigt – die Stärke, die es braucht, mit DIS zu leben
  • Kämpft gegen Stigma – wenn ihr Vorurteile und Diskriminierung seht
  • Seht den ganzen Menschen – nicht nur die Diagnose

DIS Superkräfte – Zeit für DIS-Pride

Wir haben diese Woche über unsere Superkräfte gesprochen. Und ja, wir nennen sie bewusst so.
Nicht um Trauma zu verherrlichen und um zu sagen, dass alles einfach ist. Nicht um Therapie für überflüssig zu erklären, sondern um zu zeigen: Wir sind mehr als unsere Diagnose.

Ja, DIS entsteht durch Trauma und bringt massive Herausforderungen mit sich. Ja, wir brauchen Unterstützung, Therapie, Verständnis, aber aus diesem Trauma sind nicht nur Wunden entstanden, sondern auch Menschen. Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, die Dinge können, die andere bewundern und die überlebt haben, als andere vielleicht zerbrochen wären.

Die Botschaft an euch alle da draußen

An die DIS-Menschen:

  • Ihr seid nicht kaputt. Ihr seid nicht defekt. Ihr seid nicht „weniger wert“.
  • Ihr seid kreativ überlebt. Und diese Kreativität zeigt sich in euren Fähigkeiten.
  • Ja, es ist anstrengend. Ja, es gibt Tage, an denen die Herausforderungen überwiegen. Ja, ihr dürft erschöpft sein.

Aber ihr dürft auch stolz sein!

Stolz auf eure Kreativität, die aus vielen Perspektiven schöpft, auf eure Empathie, die tiefer geht als bei den meisten anderen, auf eure Fähigkeit, Krisen zu meistern, wenn andere verzweifeln, auf eure Perspektivenvielfalt, die zu besseren Lösungen führt und auf eure Spezialisierungen, die euch zum Kompetenz-Team machen.

Ihr habt nicht nur überlebt. Ihr habt dabei Superkräfte entwickelt.

Das macht das Trauma nicht weniger schlimm. Es macht den Heilungsweg nicht weniger hart. Aber es macht euch zu den beeindruckenden Menschen, die ihr seid.

DIS Superkräfte – Die Komplexität aushalten

Dieser Artikel ist nicht „entweder Herausforderung oder Stärke“.
Er ist „sowohl Herausforderung als auch Stärke“.
Beides ist wahr, darf Raum haben und gehört zu eurer Realität.

Ihr dürft an einem Tag über eure Schwierigkeiten weinen und am nächsten eure Fähigkeiten feiern. Ihr dürft in einem Moment überwältigt sein und im nächsten stolz, denn dürft ambivalent sein.

Komplexität ist erlaubt. Ambivalenz ist menschlich.

DIS Superkräfte – Ein Aufruf zum Umdenken

  • Es ist Zeit, dass wir als Gesellschaft aufhören, DIS nur durch die Defizit-Brille zu sehen.
  • Es ist Zeit, dass wir aufhören zu fragen: „Was ist mit dir falsch?“ und anfangen zu fragen: „Was ist aus dir
  • entstanden?“
  • Es ist Zeit, dass wir aufhören, DIS-Menschen nur als „Betroffene“ zu sehen und anfangen, sie als „Überlebenskünstler:innen“ zu würdigen.
  • Es ist Zeit, dass wir aufhören, nur über Symptome zu sprechen und anfangen, auch über Superkräfte zu sprechen.

Nicht als Verharmlosung, sondern als vollständiges Bild.

Was wir uns wünschen

Wir wünschen uns eine Welt, in der:

  • Menschen mit DIS nicht nur auf ihre Schwierigkeiten reduziert werden, sondern als ganze Menschen mit Stärken und Herausforderungen gesehen werden.
  • Therapeut:innen nicht nur Symptome behandeln, sondern auch Ressourcen stärken.
  • Angehörige nicht nur Mitleid haben, sondern auch Bewunderung zeigen dürfen.
  • Die Gesellschaft nicht nur Angst hat, sondern auch Respekt entwickelt.
  • DIS-Menschen selbst ihre eigenen Superkräfte sehen und wertschätzen können.

Eine Welt, in der DIS-Pride möglich ist. Nicht trotz des Traumas, sondern mit ihm.

DIS Superkräfte – Der Weg weiter

Dieser Artikel ist ein Anfang. Ein Perspektivwechsel. Ein Angebot, DIS anders zu sehen.

Aber die Arbeit geht weiter:

  • In der Therapie: Ressourcenorientierung integrieren neben Traumabearbeitung.
  • In der Gesellschaft: Aufklärung verbreiten, die beide Seiten zeigt.
  • In der Community: Uns gegenseitig erinnern, dass wir beeindruckend sind.
  • In uns selbst: Lernen, unsere Superkräfte zu sehen, zu würdigen und bewusst zu nutzen.

DIS Superkräfte – Eine Erinnerung

An alle, die bis hierher gelesen haben:

Ihr seid nicht kaputt gegangen, sondern kreativ geworden.
Ihr habt nicht versagt, sondern überlebt.
Und dieses Überleben hat euch zu Menschen gemacht, die Dinge können, die andere bewundern.

Eure „Störung“ ist gleichzeitig eure Superkraft, denn eure Herausforderung ist gleichzeitig eure Stärke. Eure Komplexität ist gleichzeitig eure Einzigartigkeit.

Ihr seid nicht weniger wert, sondern ihr seid alle wertvoll.

Tragt das mit euch. An den schweren Tagen, wenn alles zu viel ist und auch an den guten Tagen, wenn ihr eure Fähigkeiten spürt. An den Tagen dazwischen, wenn ihr einfach nur durchhaltet.

Ihr seid Überlebenskünstler:innen.

Und es ist verdammt Zeit, dass die Welt, und ihr selbst, das endlich sieht.

Ressourcen und weiterführende Links

Wenn ihr mehr über DIS erfahren wollt oder Unterstützung sucht, ist hier eine kleine Auswahl:

Für DIS-Menschen

Für Angehörige

Für Fachpersonen

Fachbücher

Informationsmaterialien

Fort- und Weiterbildungen

DIS Superkräfte – Schlusswort

Dieser Artikel ist länger geworden, als wir geplant hatten. Aber es gab so viel zu sagen. So viel, was oft nicht gesagt wird. DIS-Menschen sind beeindruckend. Punkt.

Nicht trotz ihrer DIS. Nicht obwohl sie traumatisiert wurden, sondern als ganze Menschen, also mit all ihrer Komplexität, ihren Herausforderungen und ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Es ist Zeit für einen Perspektivwechsel.
Zeit, aufzuhören, DIS nur als Defizit zu sehen und anzufangen, auch die Superkräfte zu würdigen. Zeit, die ganze Wahrheit zu erzählen: Die Schwierigkeiten UND die Stärken.
Nicht entweder-oder. Sondern sowohl-als-auch.

Das ist ehrliche Aufklärung, vollständige Darstellung. Das ist Respekt vor der Realität von DIS-Menschen.

Danke, dass ihr bis hierher gelesen habt und dass ihr bereit seid, DIS anders zu sehen. Danke, dass ihr Teil dieser Perspektiv-Veränderung seid.
Gemeinsam schaffen wir eine Welt, in der DIS-Menschen nicht nur verstanden werden,
sondern auch gewürdigt.
Eine Welt, in der „Ich habe DIS“ nicht nur Mitleid auslöst, sondern auch Respekt.

Eine Welt, in der wir sagen können:
„Wir sind nicht kaputt. Wir haben kreativ überlebt und Superkräfte.“

P.S.: Wenn dieser Artikel euch geholfen hat, eure eigenen Superkräfte zu sehen, teilt ihn. Mit anderen DIS-Menschen, die das vielleicht auch brauchen, Angehörigen, die verstehen wollen und Therapeut:innen, die stärkenorientiert arbeiten möchten. Gerne auch mit der Gesellschaft, die aufgeklärt werden muss.

Perspektivwechsel beginnen mit einem Gespräch. Lasst uns dieses Gespräch führen.

P.P.S.: Und wenn ihr gerade denkt „Aber ich habe doch gar keine Superkräfte“, dann lest den Artikel nochmal. Langsam. Und fragt euch dabei: „Welche dieser Fähigkeiten erkenne ich bei mir wieder?“

Wir wetten: Es sind mehr, als ihr denkt. 💜

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