Schutz für DIS-Menschen – Warum ist das essenziell?
Schutz für DIS-Menschen, kann doch nicht so schwer sein oder? Menschen mit DIS erleben oft eine besondere Form der Verwundbarkeit, die durch frühere Traumata, organisierte Gewalt oder anhaltende Bedrohungen verstärkt wird. Viele Schutzmaßnahmen, die für andere Betroffene von Gewalt existieren, greifen für sie nicht oder sind nur bedingt hilfreich. Daher ist es umso wichtiger, die spezifischen Risiken zu verstehen, denen sie ausgesetzt sind, und gezielte Schutzstrategien zu entwickeln.
In diesem Beitrag beleuchten wir die verschiedenen Gefahren, denen DIS-Menschen ausgesetzt sind, warum Anonymität für viele eine essenzielle Schutzmaßnahme darstellt und welche konkreten Schritte helfen können, Sicherheit zu gewährleisten. Außerdem gehen wir auf die Lücken im bestehenden Opferschutz ein und zeigen auf, welche Unterstützungsangebote verfügbar sind.
Schutz vor physischen und emotionalen Gefahren
Physische Gefahren & Schutz für DIS-Menschen
Viele Menschen mit DIS sind weiterhin gefährdet, sei es durch Täter*innen, die noch Zugang zu ihnen haben, oder durch gesellschaftliche Strukturen, die keinen ausreichenden Schutz bieten. Besonders in Fällen von häuslicher Gewalt, Stalking, ritueller Gewalt oder organisierter Gewalt kann es lebensrettend sein, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören sichere Wohnorte, Schutzunterkünfte und der Zugang zu rechtlicher Unterstützung. Auch Schutz durch Polizei oder Gerichtsbeschlüsse kann in manchen Fällen notwendig sein, um unmittelbare Bedrohungen abzuwehren. Je nach Situation ist dies hilfreich oder kontraproduktiv und liegt immer an der indiviuellen Situation.
Emotionale Gefahren & Schutz für DIS-Menschen
Doch Schutz ist nicht nur körperlich. Auch emotionaler Schutz ist entscheidend, da viele Menschen mit DIS Angst, Schuldgefühle oder retraumatisierende Situationen im Alltag erleben. Negative Einflüsse aus dem sozialen Umfeld, unaufgearbeitete Erlebnisse oder mangelnde Unterstützung können die psychische Belastung verstärken.
Sich von toxischen Umfeldern zu distanzieren, Zugang zu unterstützenden Gemeinschaften zu erhalten und Schutzräume für die eigene Heilung zu schaffen, sind essenzielle Aspekte eines umfassenden Schutzes. Therapeutische Begleitung, Selbsthilfegruppen oder der Austausch mit anderen Betroffenen können dazu beitragen, emotionale Sicherheit (wieder)herzustellen. Zudem kann es hilfreich sein, bewusste Strategien für Selbstfürsorge und Abgrenzung zu entwickeln, um langfristig stabiler zu werden.

Manipulation & Schutz für DIS-Menschen
Gerade im Kontext organisierter Gewalt nutzen Täter*innen gezielte Strategien, um Kontrolle über Menschen mit DIS zu behalten. Dazu gehört die bewusste Konditionierung und das Erstellen bestimmter Trigger, wie Passwörter oder Codewörter, die spezifische Innies aktivieren können. Diese Manipulation kann dazu führen, dass betroffene Innies auf bestimmte Signale hin reagieren, sich nicht wehren oder sogar freiwillig mit Täter*innen mitgehen.
Das Erkennen dieser Mechanismen und das bewusste Arbeiten an Schutzstrategien – beispielsweise durch das Erlernen von Gegenkonditionierung, Schutzmechanismen innerhalb des Systems und die Begleitung durch spezialisierte Fachkräfte – kann ein wichtiger Schritt sein, um sich dieser Kontrolle zu entziehen und langfristige Sicherheit zu schaffen.
Warum Anonymität wichtig sein kann
Anonymität kann eine überlebenswichtige Strategie für Menschen mit DIS sein. In einer Welt, in der persönliche Informationen oft leicht zugänglich sind, kann es notwendig sein, die eigene Identität zu schützen – sei es aus Angst vor Verfolgung, vor Täter*innen, die nach ihnen suchen, oder vor gesellschaftlicher Stigmatisierung.
Gerade im Kontext organisierter Gewalt kann Anonymität ein essenzieller Schutzmechanismus sein. Täter*innen nutzen oft gezielte Methoden, um Kontrolle über Menschen mit DIS zu behalten, darunter (wie oben bereits erwähnt) das bewusste Erstellen und Konditionieren bestimmter Trigger wie Passwörter oder Codewörter. Diese können spezifische Innies aktivieren, sodass sie auf Signale hin reagieren, sich nicht wehren oder sogar freiwillig mitgehen. Wer von organisierter Gewalt betroffen ist, läuft oft Gefahr, erneut gefunden und manipuliert zu werden, wenn die eigene Identität, der Wohn- oder Aufenthaltsort bekannt ist.
Gerade online ist Anonymität oft die einzige Möglichkeit, sich auszutauschen, Unterstützung zu finden und sich sicher mitzuteilen. Viele Menschen mit DIS nutzen anonyme Foren oder Pseudonyme, um über ihre Erlebnisse zu sprechen, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Identität offengelegt wird. Diese Möglichkeit gibt ihnen Kontrolle über ihre Geschichte und die Entscheidung, wann und ob sie sich öffnen möchten. Indem sie anonym bleiben, können sie sich aktiv vor weiteren Übergriffen schützen und selbstbestimmt ihren Weg der ‚Heilung‘ gehen.

Schutzmaßnahmen für mehr Sicherheit
Schwierigkeiten beim Schutz für DIS-Menschen
Der Opferschutz ist generell noch unzureichend ausgebaut, insbesondere für Menschen mit DIS. Während es Frauenhäuser für Betroffene häuslicher Gewalt, Schutzhäuser für Menschen mit Migrationshintergrund & Gewalterfahrungen und Notunterkünfte für Obdachlose gibt, existieren kaum spezifische Schutzräume für Menschen, die von organisierter Gewalt betroffen sind. Diese Form der Gewalt findet oft außerhalb der klassischen Definitionen häuslicher Gewalt statt, sodass bestehende Schutzsysteme nicht greifen. Hinzu kommt, dass die bestehenden Konzepte eine Unterstützung/Aufnahme explizit verweigern, weil sie aus Eigenschutz und Schutz der Bewohnerinnen keine Menschen einbeziehen, die von organisierter Gewalt betroffen sind.
Menschen mit DIS erleben daher oft, dass sie in keine der vorhandenen Kategorien passen und von Unterstützungsangeboten ausgeschlossen werden. Die fehlende Anerkennung dieser spezifischen Gewaltstrukturen macht es schwierig, adäquaten Schutz und Sicherheit zu finden. Es braucht dringend gezieltere Schutzmaßnahmen, spezialisierte Einrichtungen und ein größeres Bewusstsein für die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit DIS, die aus organisierten Gewaltstrukturen entkommen wollen.
Was man trotzdem tun kann
Es gibt dennoch verschiedene Wege, um sich als Mensch mit DIS besser zu schützen:
- Digitale Sicherheit: Nutzung von VPNs, sichere Passwörter, Vermeidung der Preisgabe persönlicher Informationen in den Sozialen Medien.
- Sichere Wohnorte: Wechsel an einen unbekannten Wohnort.
- Rechtliche Unterstützung: Beratung zu einstweiligen Verfügungen, Anzeigeoptionen oder Unterstützungsprogrammen.
- Aufbau eines Unterstützungsnetzwerks: Kontakt zu vertrauenswürdigen Personen oder Selbsthilfegruppen.
- Therapeutische Begleitung: Unterstützung durch Fachkräfte, die auf Trauma und DIS spezialisiert sind. Auch die Soziotherapie stellt eine gute Unterstützung dar.
- Erlernen von Gegenkonditionierung: Strategien zur Neutralisierung von erlernten Triggern und Manipulationen.
- Notfallstrategien entwickeln: Vorbereitung auf Krisensituationen, beispielsweise durch Codewörter für Unterstützende.
- Sensibilisierung des Umfelds: Vertrauenspersonen über DIS und potenzielle Gefahren/Trigger aufklären.
- Vermeidung von gefährlichen Orten oder Personen: Identifikation von Risikofaktoren und bewusste Vermeidung. (Aber Achtung: Keine Vermeidung von allem im Leben!)
- Nutzung sicherer Kommunikationswege: Verschlüsselte Chats oder Telefonate, um Spuren zu verwischen.
Hilfreiche Angebote und Vereine
Karo e.v.
Weißer Ring
Vielfalt e.v.
Pauline C. Frei und Emanuelstiftung
Dissoziationsforum
https://www.dissoziation-forum.de
Fazit: Jeder hat das Recht auf Sicherheit
Schutz für DIS-Menschen ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Jede Person hat das Recht auf Sicherheit – physisch, emotional und digital. Anonymität kann dabei eine wichtige Schutzstrategie sein, die es ermöglicht, sich selbstbestimmt und sicher in der Welt zu bewegen. Menschen mit DIS sollten in ihrer Entscheidung, ob sie anonym bleiben oder ihre Identität offenlegen möchten, respektiert und unterstützt werden.
Hi Nika,
danke für diesen Artikel. Ich habe keine Ahnung von dem ganzen Thema und habe ihn sehr interessiert gelesen. Dass Menschen andere bewusste konditionieren und bestimmter Trigger, wie Passwörter oder Codewörter, erstellen, um andere Menschen für ihre miesen Zwecke zu kontrollieren… ich bin sprachlos! Super, dass du über euch schreibst und hilfreiche Tipps & Adressen für Betroffene gibst.
Liebe Grüße aus Mering 🙂
Manuela