Selbstfürsorge & Grenzen setzen mit DIS – Warum das kein Egoismus ist

Selbstfürsorge mit DIS? Grenzen setzen? Klingt gut, fühlt sich aber oft verdammt schwer an.
Gerade wenn ihr mit einer DIS-Struktur lebt, steckt hinter diesen scheinbar simplen Begriffen oft ein ganzes Geflecht aus inneren Konflikten, alten Schutzstrategien und äußeren Erwartungen. In diesem Artikel schauen wir gemeinsam hin: Warum fällt es so schwer, für euch selbst einzustehen? Welche Stimmen sabotieren euch von innen – und wie könnt ihr trotzdem kleine Schritte Richtung Selbstfreundlichkeit gehen? Denn eins ist klar: Auf euch zu achten ist kein Egoismus.

Triggerwarnung: In diesem Beitrag geht es um Themen wie Schuldgefühle, Scham und innere Kritik. Achtet gut auf euch beim Lesen.

Warum Selbstfürsorge mit DIS so wichtig ist

Viele von uns kennen das: Wir spüren, dass etwas zu viel ist, aber wir sagen nichts. Wir lächeln, obwohl es innerlich laut „NEIN!“ schreit. Wir kümmern uns um andere, während wir selbst am Limit sind. Warum fällt es uns so schwer, uns selbst wichtig zu nehmen?

Für Menschen mit einer Dissoziativen Identitätsstruktur (DIS) ist das Thema Selbstfürsorge besonders komplex. Nicht nur, weil alte Prägungen, traumatische Erfahrungen und innere Dynamiken mit reinspielen, sondern auch, weil die Außenwelt uns oft das Gefühl gibt, dass es egoistisch sei, auf uns selbst zu achten.

Diesen Mythos räumen wir heute auf.

Selbstfürsorge mit DIS heißt auch die Minis mit ihren Bedürfnissen zu sehen

Was uns beim Grenzen setzen oft im Weg steht

Grenzen setzen bedeutet, sich selbst ernst zu nehmen und genau das wurde vielen von uns systematisch abtrainiert. Typische Hindernisse sind:

  • Frühe Traumatisierung: Wer gelernt hat, dass das eigene „Nein“ gefährlich ist, trägt dieses Muster oft unbewusst weiter.
  • Loyalitätskonflikte: Innere Anteile haben unterschiedliche Bedürfnisse. Wenn z. B. eine jüngere Innies personenzentrierte Nähe sucht, während eine andere Abstand braucht, kann das Grenzen setzen schnell zum inneren Drahtseilakt werden.
  • Angst vor Ablehnung: Viele von uns haben gelernt, Liebe nur durch Anpassung zu „verdienen“, eine Grenze zu setzen fühlt sich dann wie ein Beziehungsrisiko an.
  • Übernommene Rollen: „Ich muss funktionieren.“ „Ich darf keine Umstände machen.“ Diese Glaubenssätze sind tief verwurzelt und stehen echter Selbstfürsorge im Weg.
Selbstfürsorge mit DIS - Was uns im Weg steht

Was tun, wenn der innere Richter laut wird?

Oft kommt nach dem „Nein“ die große innere Welle: Schuldgefühle, Abwertung, der Gedanke „Ich übertreibe doch nur“. Das ist kein Zufall – viele DIS-Menschen haben starke innere Kritiker:innen, die aus alten Schutzmechanismen heraus handeln. Wichtig:

  • Diese Stimmen haben eine Geschichte. Sie sind oft aus früheren Kontexten entstanden, in denen Anpassung überlebenswichtig war.
  • Grenzen sind kein Angriff. Sie sind eine Orientierung – auch für euch selbst, für euer System.
  • Dialog statt Kampf. Versucht, mit kritischen Stimmen in Kontakt zu gehen: „Ich höre, dass du Angst hast. Aber heute ist es sicher, auf uns zu achten.“

Ein liebevoller Perspektivwechsel: Der innere Kritiker ist oft ein überforderter Bodyguard – er meint es gut, aber hat nicht mitbekommen, dass ihr inzwischen erwachsen seid und andere Ressourcen habt.

Warum Selbstfürsorge mit DIS kein Egoismus ist

Der Vorwurf „egoistisch“ sitzt bei vielen tief – doch er hält uns in alten Mustern gefangen. Was, wenn wir das Ganze umdrehen?

  • Selbstfürsorge ist radikale Verantwortung: Für euch selbst, euer Innenleben, eure Energie.
  • Grenzen schützen auch Beziehungen: Nur wer sich abgrenzt, kann verbindlich und ehrlich in Kontakt treten.
  • Echte Fürsorge ist inklusiv: Wenn ihr euch selbst gut behandelt, sendet ihr auch ein Signal an jüngere Innens: „Ihr seid es wert.“

Egoismus bedeutet: Ich will mehr auf Kosten anderer. Selbstfürsorge bedeutet: Ich achte auf mich, damit ich überhaupt für andere da sein kann – freiwillig, bewusst und ohne Selbstaufgabe.

Selbstfürsorge ist wie das Gießen einer Pflanze

Selbstfürsorge konkret – kleine Schritte mit großer Wirkung

Hier ein paar alltagstaugliche Ideen, wie ihr Selbstfürsorge leben könnt – auch mit einer komplexen Innenwelt:

  • „Ich bin gerade nicht verfügbar.“ – Und das ohne Rechtfertigung.
  • Pausen einplanen – auch wenn „nichts passiert“.
  • Mit Innies absprechen, was heute gut tut – und Kompromisse finden.
  • Nein sagen üben – erst im Inneren, dann im Außen.
  • Erinnerungen im Handy: „Wie geht’s mir gerade?“
  • Euer Körper hat Bedürfnisse – nicht ignorieren, sondern fragen: „Was brauchst du gerade?“

Zum Schluss – Ihr dürft wichtig sein. Punkt.

Wenn ihr mit DIS lebt, habt ihr gelernt, euch zu schützen – manchmal auch, indem ihr euch selbst zurückstellt. Doch heute ist ein anderer Tag. Heute geht es darum, dass ihr als Ganzes überleben dürft – und leben. Selbstfürsorge mit DIS ist kein Luxus. Sie ist euer Recht.

Und wenn euch der innere Richter doch mal wieder einreden will, ihr wärt egoistisch:
Zeigt ihm diesen Blogartikel. Vielleicht lässt er sich überzeugen. 😉

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