Warum das ‚wir statt ich‘ – Wir erklären es dir
WIR statt ICH. Jeder von uns hat vermutlich schon einmal erlebt, dass jemand irritiert auf unser „Wir“ reagiert hat. Vielleicht ein erstauntes Nachfragen: „Warum sagst du immer ‚uns‘?“ Oder ein Stirnrunzeln, weil es ungewohnt klingt. Für uns ist es jedoch nicht einfach eine sprachliche Entscheidung, sondern Ausdruck einer real erlebten Identität. In diesem Artikel möchten wir erklären, warum das „Wir“ für uns so wichtig ist und welche Bedeutung es in unserem Alltag hat.
Warum hilft das Wir statt Ich?
Die Sprache formt unser Denken und unser Erleben. Für uns ist das „Wir statt Ich“ nicht einfach ein bewusster sprachlicher Kniff, sondern eine natürliche Art, unsere Identität auszudrücken. Unsere Wahrnehmung der Welt ist nicht die eines einzelnen Ichs, sondern die einer Vielheit. Würden wir „Ich“ sagen, würde das die innere Realität verzerren und Verwirrung stiften. Das „Wir“ gibt uns Struktur, Halt und Orientierung.
Viele von uns erleben ihre Innenwelt als Team oder als eine Gemeinschaft von verschiedenen Anteilen. Diese Anteile haben individuelle Perspektiven, Emotionen und Erinnerungen. Das „Wir“ anzuerkennen bedeutet, diese Vielfalt wertzuschätzen und unser Erleben so zu benennen, wie es ist: vielstimmig.
Nicht alle von uns sprechen immer in der Wir-Form und das ist für uns oft völlig verständlich, für die Außenwelt aber nicht, daher nehmen wir dich gerne mal mit auf eine kurze Erklärung.
Wer nutzt das wir und wer nicht?
Wir sind ein System, ja! Wir sind mehrere Persönlichkeiten, ja! Wir alle sind uns dessen bewusst, ja!
Wir alle akzeptieren das und wollen die Gemeinschaft, neeeeein! 😜 Und nicht alle von uns nutzen das „Wir“ in jeder Situation gleich.
Die Entscheidung für das „Wir statt Ich“ kommt oft aus einem Bedürfnis nach Klarheit und Ehrlichkeit im Ausdruck unseres Erlebens. Es zeigt, dass wir uns als Gruppe begreifen, die gemeinsam diesen Körper bewohnt und erlebt. Das bedeutet aber nicht, dass wir alle immer einer Meinung sind oder dass unser Erleben in jeder Situation gleich ist.
Nicht alle akzeptieren die DIS und wollen die Gemeinschaft. Einige Persönlichkeitsanteile möchten das Viele-Sein nicht akzeptieren oder fühlen sich nicht als Teil eines „Gemeinsam“. Deshalb nutzen manche von uns bewusst die Ich-Form, weil sie sich als eigenständige Person erleben oder weil sie sich nicht mit der Gemeinschaft identifizieren können oder wollen.

Es gibt zudem Momente, in denen wir absichtlich die Ich-Form verwenden, insbesondere wenn es um eine individuelle Meinung oder ein persönliches Gefühl geht, das nicht für alle Anteile sprechen kann. Manchmal wissen wir gar nicht, wie die anderen darüber denken, und es wäre nicht richtig, für das ganze System zu sprechen.
Wenn wir „uns“ sagen, dann meinen wir die Menschen, die gemeinsam in einem Körper leben. DIS bedeutet nicht, dass „irgendwer“ spricht oder dass wir willkürlich entscheiden, wie wir uns ausdrücken. Es bedeutet, dass viele innere Anteile existieren, die in unterschiedlichen Situationen verschieden präsent sind.
Das Wir statt Ich ist ungewohnt? Das kann dir helfen!
Eine hilfreiche Metapher ist die eines Teams, das zusammenarbeitet: Manchmal spricht eine Person stellvertretend für alle, aber das bedeutet nicht, dass die anderen nicht da sind oder keine eigene Meinung haben. Das „Wir“ drückt also genau diese innere Teamstruktur aus.
Es ist verständlich, dass unser Sprachgebrauch Fragen aufwirft. Für viele ist es ungewohnt, eine Person in der Mehrzahl sprechen zu hören. Das Wichtigste ist: Man muss es nicht vollständig nachvollziehen, um es zu respektieren.
Wer uns begegnet, kann einfach akzeptieren, dass wir „Wir statt Ich“ sagen, ohne es in Frage zu stellen oder zu analysieren. Falls Unsicherheit besteht, kann man uns offen und wertschätzend fragen, wie wir angesprochen werden möchten.
Unsere Tipps für den Umgang:
- Akzeptiere unser „Wir“, auch wenn es ungewohnt ist.
- Frage respektvoll, wenn du unsicher bist.
- Vermeide Kommentare wie „Aber du bist doch eine Person!“, da dies unser Erleben infrage stellt.
- Falls es dir schwerfällt, unser „Wir“ zu nutzen, bleib einfach neutral und höre uns zu.
Wenn ich du sage – Seid ihr dann beleidigt?
Die kurze Antwort lautet: Nein, natürlich sind wir nicht beleidigt, wenn jemand „du“ zu uns sagt. 🙂
Wir liefern dir aber gerne auch noch eine Längere und Ausführliche:
Mal abgesehen davon, dass viele Menschen ja auch gar nicht unbedingt wisse, dass wir uns als „Wir“ wahrnehmen, gehen wir grundsätzlich erstmal immer davon aus, dass es nicht böse gemeint ist. Wir verstehen ja auch, dass es ungewohnt ist. Trotzdem kann es für uns seltsam oder unpassend klingen, weil „du“ für uns manchmal nicht die Realität widerspiegelt.
Wir sind ein System aus mehreren Anteilen, und oft fühlen wir uns wohler, wenn das sprachlich berücksichtigt wird. Manche von uns haben jedoch kein Problem damit, mit „du“ angesprochen zu werden, während andere es als irritierend empfinden. Wichtiger ist für uns nicht unbedingt die korrekte Formulierung, sondern dass unser Erleben respektiert wird.
Hilfe, mir ist ein ‚Du‘ rausgerutscht
Dir rutscht ein ‚Du‘ raus? Kein Problem, wir selber sind auch Menschen und machen Fehler! Und wir alle reagieren auch auf das ‚Du‘ und sind nicht zutiefst gekränkt, wenn es passiert.
Was wir jedoch nicht leiden können (und trotzdem schon hören mussten!) sind Aussagen, wie zum Beispiel:
- Ich rede immer nur mit einer Person, also sage ich weiterhin ‚Du‘
- Ist das auch so ein neuer Gender-Quatsch? Darauf lasse ich mich nicht ein
- Ich will das nicht ändern, also mache ich das auch nicht
- Pass dich an und akzeptiere einfach, dass du als Einzelperson in der Welt angesprochen wirst
- Das ist doch alles Schauspielerei
Zusammenfassend können wir also sagen, dass es uns vielleicht irritiert, aber nicht enttäuscht, wenn Menschen uns als eine Person ansprechen 🦋
Was uns aber trifft sind Aussagen, die uns vermitteln, dass unser Erleben, unsere Realität und unser Wunsch und Bedürfnis nicht zählt!
Falls du unsicher bist, frag uns einfach: „Wie möchtet ihr angesprochen werden?“ Damit zeigst du Interesse und Respekt – und das bedeutet uns viel.
Fazit – Keine Spielerei
Unser „Wir“ ist keine Spielerei oder Schrulligkeit, sondern eine echte, gelebte Ausdrucksweise unseres Erlebens. Es hilft uns, uns selbst zu verstehen und nach außen zu kommunizieren, wie unsere Identität funktioniert. Vielleicht macht das „Wir“ für dich jetzt mehr Sinn?
Wir laden dich ein, darüber nachzudenken, wie Sprache Identität formt und welche Rolle sie in deinem eigenen Leben spielt. Hast du Fragen oder eigene Gedanken dazu? Wir freuen uns, wenn du sie mit uns teilst!
Liebe Nika, liebe Nikas, liebe Nikavida, liebe Nikavidas,
es geht mir tatsächlich schon so, dass ich nicht weiß, wie ich die Anrede korrekt formuliere. Deswegen habe ich einmal alle für mich möglichen Anreden benutzt. Ich danke Euch sehr für diesen hilfreichen Artikel, der mich in Eure Welt ein tauchenlässt.
Es freut mich sehr, dass Ihr damit viele Fragen, die ich hatte, aufgreift.
Ich freue mich, mehr von Euch zu lesen.
Herzliche Grüße, Birgit (gerne Du, auch wenn es sich bei mir inwendig, manchmal anders anfühlt…)
Bueeenos días Birgit,
danke für deinen Kommentar und direkt haben wir eine neuer Artikelidee aufgeschrieben „Anrede“ 🙂
Aber so viel schon mal: Nika ist auch vollkommen okay 🦋
Wir freuen uns sehr über deine Worte!
Lieb Grüße
Nika 🦋
Vielen Dank für diesen wieder aufschlussreichen Artikel.
Ich gestehe, dass ich anfangs etwas verwundert war, dass ihr in der TCS von „wir“ geschrieben habt. Als ich dann den ersten Artikel von euch gelesen habe, habe ich das „wir“ verstanden. Und seitdem ist es für mich einfach die Konsequenz aus eurem Sein, aus eurem Leben.
Ich kann mir jedoch auch denken, dass es für Außenstehende wie mich bei persönlichem Kontakt, zunächst schwer fällt, das „wir“ zu verstehen.
Danke Anja für deine Ehrlichkeit 🙂
Ja, das ist für uns auch absolut nachvollziehbar. Wir sind immer froh, wenn wir gefragt werden und es erklären können! Deswegen sind wir auch sehr froh diesen Artikel jetzt veröffentlicht zu haben 🦋
Wir haben uns sehr über deine Worte gefreut 😍
Liebe Grüße!